Carfree Times

      Ausgabe 52

10 Dezember 2008     
 
Antwerp
Antwerpen
 

Bekanntmachungen

Carfree Design Manual cover

Carfree Design Manual

J.H. Crawford

International Books, 2009

600 pages
888 photographs
81 illustrations

Endlich - das Carfree Design Manual ist da!

Über sieben Jahre nachdem ich die Arbeit daran aufgenommen habe ist das Buch nun am 21. November in die Buchläden gekommen. Ich habe einige Exemplare erhalten und bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Nach monatelanger Rackerei an den Farbkorrekturen bin ich erleichtert, dass die Farben im fertigen Buch sehr zufriedenstellend aussehen. Drucker und Binder haben überaus gute Arbeit geleistet. Das Gewicht des Buches ist nicht so hoch wie befürchtet, obwohl es doch recht dick geworden ist.

In die USA wird es auf dem Seeweg geliefert und für Mitte Januar in den Geschäften erwartet. Offizielles Veröffentlichungsdatum ist der 1. April 2009. In den USA ist das Buch früher nur über bol.com erhältlich. Das Buch kann bei folgenden Händlern bestellt werden, und Ihr Buchladen kann es ebenfalls bestellen. Amazon USA, Amazon Canada, and Barnes & Noble werden das Buch zur offiziellen Veröffentlichung am 1.4.2009 liefern können. Für Vorbestellungen räumen sowohl Amazon US wie Barnes and Noble großzügige Rabatte ein.

In anderen englischsprachigen Ländern sollte das Buch in der ersten Jahreshälfte 2009 verfügbar sein.

Es gibt mittlerweile noch mehr Informationen über das Buch:

Leitartikel

Ich offeriere Barack Obama einen Plan für eine nachhaltige Zukunft Amerikas. Unser Land und die ganze Welt befinden sich am Scheideweg. Es ist wahrlich Zeit für Wandel. Siehe unten.

Danke

Ich möchte allen, die an der Entstehung des Carfree Design Manual in irgendweiner Weise mitgeholfen haben, meinen Dank sagen. Ohne die Hilfe Dutzender Menschen wäre dies Buch so nie zu Stande gekommen.

Danke an die vielen Helfer, die Nachrichten an Carfree.com weitergeleitet haben. Ich nenne keine Einzelpersonen mehr da ich fürchte jemanden zu vergessen.

Neue Artikel

Über Fotografie - eine Einführung in die Kunst der Städtefotografie.
 


 

Florence
Florenz

Vor hundert Jahren

Wir setzen die Tour durch Städte, wie sie vor hundert Jahren im Auge des Fotografen aussahen, fort. Die Bilder sind über diese Ausgabe verteilt.


Kurznachrichten

Turin
Turin

Globaler autofreier Tag, mal wieder

Umfassende Informationen über autofreie Events werden schwerer erhältlich, obwohl der autofreie Tag mittlerweile in tausenden von Städten durchgeführt und Millionen Menschen erfreut. Ich werde nur einige bemerkenswerte Ereignisse herausstellen:

Taiwan

Etwa 30.000 Einwohner Taipeis begingen den autofreien Tag, angeführt vom Bürgermeister, mit einer 16 langen Kilometer Fahrradtour. Die Verwaltung hatte mit etwa 3.000 Teilnehmern gerechnet, doch das Echo der Öffentlichkeit war überwältigend. Im Businessviertel gab es Live-Musik und kostenlosen Kaffee. Dort durften zwischen sieben Uhr früh und fünf Uhr Machmittags keine Privatautos fahren. Es gab eine kostenlose Busverbindung.

In der Stadt Taichung vergnügten sich 5.000 Radfahrer auf den autofreien Straßen. Es gab Preise zu gewinnen, darunter Fahrräder.

In Kaohsiung, einer Hafenstadt im Süden, traf sich der Bürgermeister mit tausenden Radfahrern auf einer 6,5 km langen Strecke. Ein Bräutigam strampelte zum Kulturhaus des Orts um dort seine Braut zur Hochzeit abzuholen. Der Bürgermeister dankte allen Teilnehmern für die Bereitschaft, die Botschaft von Energie- und CO2-Einsparung zu Gunsten der Umwelt weiterzuleiten. Mehr als 150km Fahrradwege will die Stadt bis Ende des Jahres bauen.

Neues zu New York's 'Summer Streets'

New Yorks fahrradfreundliche Verkehrssenatorin Janette Sadik-Khan gab bekannt, dass die Straßensperrungen in Manhattan im letzten August eine Neuauflage bekommen werden. In dem Programm 'Summer Streets' war an drei aufeinanderfolgenden Samstagen ein 12km langer Abschnitt von der Brooklyn Bridge zum Central Park gesperrt worden. Wie Sadik-Kahn sagte war die Veranstaltung auf der Park Avenue "ganz klar ein Volltreffer." 'Summer Streets' wird nächsten Sommer ziemlich sicher auch in benachbarten Vierteln durchgeführt werden.

Einige Händler beklagten sich über Verluste, doch Radfahrer und Fußgänger waren überwiegend begeistert über die atofreie Oase. Es wurde Musik gespielt, getanzt und Yoga praktiziert - mitten auf Manhattans belebtester Durchgangsstraße. In Ausgabe 51 der Carfree Times gibt es einen kurzen Bericht über 'Summer Streets' in Brooklyn.

"30,000 Taipei cyclists celebrate 2008 World Car-Free Day"
Taiwan Headlines
21 September 2008
"Kaohsiung mayor joins city's Car Free Day cycling event"
Taiwan Headlines
20 September 2008
"Car-Free "Summer Streets" Will Return, Expand"
Gothamist.com
24 September 2008

bagneres-de-bigorre
Bagneres-de-Bigorre

Radeln auf dem Campus

Neue Studenten erhielten im Wintersemester an manchen Unis eine Überraschung: ein kostenloses Fahrrad. Nicht alle dieser Unternehmungen gelten als erfolgreich, doch viele Studenten wissen welch ideale Fortbewegungsweise das Radfahren auf dem Campus ist. Verwaltungen schätzen diese Idee, weil die direkten und indirekten Kosten für Parkplätze zu einem steigenden Problem geworden sind. Ihnen liegt daran, die Parkplatznot zu lindern, und ebenso die Autokultur zu dämpfen, die Campusstraßen verstopft und das Gemeinschaftsgefühl erodiert, das Studenten zu Fuß oder auf dem Rad entstehen lassen. Verwaltungen sorgen sich darüber, dass reizende Universitätsflächen mehr und mehr zu asphaltierten Parkflächen wurden. Auch werden gesundheitliche Verbesserungen erwartet.

Als an der University of New England 150 Räder verteilt wurden sank die Zahl der Studienanfänger mit Autos binnen eines Jahres von 75% auf 25%. Leihräder sind inzwischen in etlichen US-Unis eingeführt.

Es gibt Probleme. An manchen Unis werden die Räder als Spielzeuge, nicht als Verkehrsmittel betrachtet. Einige Programme werden von Diebstählen und Vandalismus geplagt. Ich bezweifle, dass es Sinn macht 500 Dollar herzugeben, nur damit jemand über den Campus radeln kann.

Venice
Venice

Klimaantrieb

Kürzlich wurde in einem Science-Artikel die bedeutende Frage untersucht, in wie weit Wärme die Fähigkeit natürlicher Systeme, atmosphärisches CO2 zu binden, beeinflusst.

Die Autoren nutzten Daten der kleinen Eiszeit um die Reaktion des Systems zu bestimmen. Doch leider fällt nur eines der sechs derzeit genutzten Klimamodelle in den Bereich, der durch Daten der kleinen Eiszeit verifiziert werden kann, und dieses Modell sagt die stärkste Erwärmung in diesem Jahrhundert voraus. Es scheint, dass die Fähigkeit von Biosystemen CO2 zu binden in erhöhten CO2-Konzentrationen schneller schwindet als ursprünglich angenommen. "Die LIA-Daten legen nahe, dass durch die globale Erwärmung das atmosphärische CO2 schneller ansteigt als die meisten Modelle ergeben."

"Illuminating the Modern Dance of Climate and CO2"
Science
19 September 2008

Venice
Venice

England sollte fossil betriebene Kraftwerke bis 2030 schliessen

Die englische Klimaschutz-Organsation fordert, dass die Stromerzeugung aus fossilen Quellen in naher Zukunft beendet werden muss. Sie möchte, dass Großbritannien sich eine Minderung des CO2-Ausstoßes um 80% zum Ziel setzt, was ein sehr ambitioniertes Vorhaben ist. Niemand hält eine so weit gehende Reduzierung der Schadstoffe aus Straßen- und Luftverkehr für möglich, so daß andere Quellen desto mehr einsparen müssen. Die Organisation sieht die Notwendigkeit starker Effizienzgewinne und die Installation von Wind- und Wellenkraftwerken. Auch wird eine neue Generation von Atomkraftwerken erwartet. Ein solches Programm soll angeblich lediglich 1-2 Prozent des Gesamtwirtschaftsaufkommens bis 2050 kosten.

Der politische Wille, solch einschneidende Maßnahmen zur Vermeidung von Klimastörungen einzuführen, scheint vorhanden zu sein. Sollte der Bericht angenommen werden, so bekäme England das ehrgeizigste, rechtlich bindende Klimaschutzziel weltweit und würde seine Position in den kommenden Klimaschutz-Verhandlungen stärken. Die 80%-Reduzierung würde eine zuvor beschlossene 60%-Regelung ersetzen. Auch andere Treibhausgasemissionen, wie Methan oder NOx, würden eingeschlossen.

Erster Ansatzpunkt wären Energieeinsparungen. Ein Jahrzehnt später sollen erneuerbare Energiequellen entwickelt sein. CO2-Abscheidung und Sequestrierung wird als Möglichkeit bei kohlebetriebenen Kraftwerken gesehen. Mehr Atomkraft wird erwartet. Die letztgenannten Maßnahmen werden naturgemäß kontrovers diskutiert, gelten aber nicht als unabdingbar zur Erreichung des 80%-Reduktionszieles. Wie bereits in Carfree Times Ausgabe 51 ausgeführt ist CO2-Sequestrierung eine problematische Technologie.

Langfristig wird daran gedacht, kohlenstofffreien Strom zum Betrieb von Autos und zur Gebäudeheizung zu verwenden.

"End use of fossil fuels in 20 years, UK warned"
Guardian (UK)
7 October 2008

Chartres
Chartres

Wahre Zweckmäßigkeit

Wie fast alle anderen Länder wurde auch Japan hart von der aktuellen Wirtschaftskrise getroffen. Ein Sektor der japanischen Wirtschaft floriert allerdings nach wie vor. Die Umsätze bei "Convenience-Stores" gehen weiter nach oben.

Es handelt sich allerdings nicht um Tante-Emma-Läden, wie wir sie aus unserer Jugend kennen. Diese sind wirklich klein, und es gibt wirklich viele davon: 41.000 und mehr. Üblicherweise kann man in solch einem Geschäft frisches Sushi kaufen, seine Einkommenssteuer bezahlen, Windeln wechseln, Flugtickets bestellen oder an einem Wodka-Kühler süffeln (oder einen solchen abspülen.) Abgesehen von den üblichen Kundenbedürfnissen gibt es dort saubere WCs und Flure oder auch PCs mit schnellem Internet, von denen aus man Haushaltsgeräte, Konzertkarten oder Fahrstunden bestellen kann (falls das nötig sein sollte.) Man kann sein Gepäck für den Shinkansen-Schnellzug aufgeben. Es gibt einen Spielbereich für Kleinkinder.

Der "Convenience-Store" ist eigentlich eine amerikanische Erfindung, die bis 1927 zurückgeht. Wie so viele andere Dinge haben die Japaner sie schlicht nur perfektioniert. Die Läden sind tatsächlich klein, nur etwa 100 qm, doch sie sind voller Nutzen. In einigen kann man sich jemanden bestellen, der einem die Wohnung staubsaugt. Man kann seine Wäsche zum Waschen abgeben oder seine Rechnungen bezahlen. Frisches Essen ist wirklich frisch.

Die japanische Regierung hat sie sogar bei der Erdbebenrettung eingesetzt: Trinkwasser und Notfallversorgung werden von ihnen verteilt. Sie werden sogar als Zufluchtsort für Fälle häuslicher Gewalt genutzt.

Woran erinnern Dienste dieser Art? Hausmeisterdienste wie ich sie im Carfree Design Manual vorschlage, würden viele dieser Bedürfnisse befriedigen können, und einige noch dazu, wie Paketdienste, Werkzeug- und Fahrradverleih oder Recycling. Wenn wir hoffen die Leute aus ihren Autos locken zu können werden viele solche Dienste in fußläufiger Entfernung vonnöten sein, und zwar in einem Ausmaß, das sich kaum ein Amerikaner heute vorstellen kann. Die Japaner wissen hingegen jetzt schon alles darüber. Kein Wunder dass in Japan wenig Auto gefahren wird, auch wenn viele ein Auto besitzen.

"Japanese Stores Take Convenience To a New Level"
Washington Post
8 November 2008, page A01

Vigo
Vigo

Dramatischer Sinneswandel bei der IEA

Die traditionell eher opimistisch gestimmte Internationale Energieagentur (IEA) warnt vor gewaltigen Investitionen, die nötig sind um der steigenden Ölnachfrage nachzukommen. Die Agentur warnt ebenfalls angesichts dringend notwendiger Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes und der Bekämpfung des Klimawandels. Dies ist eine Zeitenwende bei der IEA.

"Die momentanen Trends bei weltweitem Angebot und Nachfrage sind nachweislich unnachhaltig, in Hinsicht auf die Umwelt, die Wirtschaft und die Gesellschaften.", sagt die IEA. "Um katastrophale und unaufhaltsame Schäden am Klimasystem des Planeten aufzuhalten ist eine umfassende Abkehr von kohlenstoffhaltigen Energiequellen nötig."

Alarmiert wurde die IEA aufgrund der immer langsameren Entwicklung von Öl-Ressourcen, auf Grund derer ein Versorgungsengpass bereits in den kommenden Jahren befürchtet wird. Die Produktions-Vorhersage bis 2030 wurde gegenüber letzem Jahr schon um etwa 10% gesenkt; gleichwohl sagen sie noch immer einen Produktionszuwachs um 20% voraus (was mir unwahrscheinlich erscheint.) Die Nachfrage in den ölproduzierenden Ländern selbst steigt schnell an und viele von ihnen könnten in naher Zukunft kein Öl mehr exportieren.

Basis des Berichts ist eine eingehende Analyse von 800 der größten Ölfelder. Er sagt voraus, dass die Ölproduzenten sich in Bälde erheblichen Problemen gegenüber sehen werden, die Produktionsraten nur zu halten. Neue Ölquellen im Umfange von 64 Mio. Fass/Tag werden nötig - das entspricht dem Sechsfachen der aktuellen Produktion Saudi-Arabiens.

Investitionen bleiben weit hinter dem zurück, was die IEA als notwendig erachtet. Die Agentur sagt wieder steigende Ölpreise für den Fall einer Wirtschaftserholung voraus. Die Vorhersage warnt vor Preisen über 100 Dollar/Fass bis 2015, bis zu 200 Dollar/Fass bis zum Jahre 2030. (Ich erwarte solche Preise schon viel früher.)

Die IEA warnt ebenfalls vor einem Anstieg des Weltklimas um sechs Grad Celsius bis Ende des Jahrhunderts. Dies wäre nichts weniger als katastrophal. Die IEA nennt Reduktionen in den USA und China unabdingbar um die Emissionen weltweit zu stabilisieren. Der Bericht fordert einen schnellen Wandel zu einem "kohlenstoffarmen, effizienten und umweltverträglichen System der Energieversorgung."

"Energy agency sounds warnings on oil"
IHT
6 November 2008
"After the credit crunch, the oil crunch
Watchdog warns over falling supplies"
Guardian (UK)
12 November 2008

Paris
Paris

Critical Mass ist legal

Fünf Oberste Richter in England befanden kürzlich in einem etwas überraschenden Urteil, dass die "Critical Mass" Radtouren "nicht ungesetzlich" seien. Die Organisation "Friends of the Earth's Rights" und das "Justice Centre" hatten die Polizei wegen eines Radfahrers verklagt. Die Polizei hatte den Radfahrer zur Verantwortung ziehen wollen, weil die Organisatoren des Events die Polizei nicht im Voraus mit Informationen versorgen. "Critical Mass" hingegen hatte darauf gepocht, dass es bei dieser rein spontanen Zusammenkunft gar keine Organisatoren gäbe.

Das Gericht beurteilte "Critical Mass" nun als "landläufigen bzw. üblichen" Umzug ohne feste Organisation. Die Radfahrer brauchen die Polizei nicht vorab darüber zu informieren, dass sie fahren wollen.


 

Luzern
Luzern

Wo wir stehen

... und wohin wir gehen

Gedanken für Präsident Obama

J.H. Crawford

Wo stehen wir? Was wollen wir? Wohin sollen wir uns wenden? Angesichts der größten Krise, die ich je miterlebt habe, kommen diese Gedanken auf. Nicht einmal in den 68er Aufständen gab es eine derartige Unruhe in größten Bevölkerungsteilen weltweit. Das Frühjahr 1968 allerdings stand weitgehend unter dem Eindruck des ungerechtfertigten Vietnamkriegs. Letztendlich änderte sich jedoch wenig, abgesehen vielleicht von der Sexualmoral. Die nie dagewesenen Schrecken des Zweiten Weltkriegs brachten vergleichsweise wenig Wandel; am Ende stellten sich die Vereinten Nationen als kaum mächtiger heraus als der ihnen vorangegangene Völkerbund, der nach der Tragödie des ersten Weltkriegs gegründet wurde. Seit der Wirtschaftskrise von 1929-1933 hat kaum eine Krise wirklichen Wandel nach sich gezogen. Angesichts dieser Herausforderungen biete ich Präsident Obama folgende Gedanken.

Die aktuelle Wirtschaftskrise hätte vermieden werden können, wären die Massnahmen, die nach 1929 ergriffen wurden, nicht kurz bevor sie erneut vonnöten gewesen wären, wieder aufgegeben worden. Werden wir, als Gesellschaft im Ganzen, fähig sein bittere Lektionen zu lernen und über eine Generation hinaus auch zu behalten? Es scheint nicht so, doch wir müssten es doch wenigstens versuchen.

In der jetzigen Zeit müssen wir wirklich dauerhaften Wandel auf globalem Maßstab in die Wege leiten. Dies ist eine ungeheure Herausforderung, doch es steht nicht weniger auf dem Spiel als das Überleben des Planeten. Wenn wir dauerhaften, wirklichen Wandel einleiten wollen müssen wir zuerst verstehen, dass wir es nicht mit einer, sondern zwei Krisen zu tun haben. Die momentane Finanzkrise ist die offenkundigere. Weniger augenfällig sind der Klimawandel und globale Nachhaltigkeit. Dies Problem ist tatsächlich deutlich dringender und besteht schon länger. Es gibt eine gemeinsame Lösung für beide, und diese ist in der Tat die einzig dauerhatfe Lösung für jede einzige von ihnen. Wenn wir versuchen die Finanzkrise mit den üblichen Mitteln zu lösen, was der bisher übliche Ansatz war, werden wir auf lange Sicht keine der beiden lösen können.

Das aktuelle Durcheinander ist eine einzigartige Chance, die Wirtschaft in Richtung langfristiger Nachhaltigkeit neu zu strukturieren.

Grenzen des Wachstums

Die erste unbequeme Einsicht, zu der wir gelangen müssen, sind die Grenzen des Wachstums, wie sie bereits der Club of Rome vor 35 Jahren aufzeigte. Diese Grenzen sind nicht wirtschaftliche, sondern physikalische. In den 25 Jahren nach Veröffentlichung des Berichts schien es zunächst, als ob wir diese Grenzen durch Erschließung immer neuer Rohstoffquellen hätten sprengen können, die das globale Wirtschaftswachstum in immer erstaunlicheren Raten steigen ließ. Inzwischen ist klar, dass solche Wachstumsraten, wie vom IWF und der Weltbank vorgegeben, nicht aufrecht zu erhalten sind. Ein entfesselter Kapitalismus führt zu enormem Reichtum für wenige, verbessertem Leben für viele, wenn auch nicht für alle, und zu massivem Schaden am Ökosystem Erde, das unser aller Überleben letztlich sichert.

Die einzige Lösung ist ein gänzlich neuer Ansatz. Wir müssen uns statt materieller Güter auf die Lebensqualität konzentrieren. Für die meisten Ökonomen ist dies ein und dasselbe: mehr Spielzeug bedeutet besseres Leben. Verschlechterte Lebensbedingungen, die sich nicht in Geld ausdrücken lassen, werden nicht gezählt. Wie sich jedoch in den wohlhabenden Nationen gezeigt hat führt steigender materieller Wohlstand allgemein zu fallendem Lebensstandard. Wir müssen uns nicht auf Güter, deren Herstellung fast immer mit Umweltschäden einhergeht, konzentrieren, sondern auf Dienste, die das Leben weitester Bevölkerungsschichten verbessern, zugleich die Lebensqualität erhöhen und die Umwelt bewahren. Dringend vonnöten ist die Behebung der Schäden, die wir bis jetzt an der Umwelt angerichtet haben. Andere Arbeit steht im Bereich Ausbildung und Gesundheit (besser: Wohlbefinden) an.

Es ist richtig, dass Milliarden Menschen einen höheren materiellen Lebensstandard brauchen, wenn sie eine höhere Lebensqualität haben sollen. Wie Ernst U. von Weizsäcker 1997 in seinem Buch Faktor vier: Doppelter Wohlstand - halbierter Verbrauch, sagt, müssen wir unsere Ressourcen weit effektiver nutzen. Ich befürchte allerdings, dass die fröhliche Parole "doppelter Wohlstand" (oder, genauer gesagt, doppeltem Lebensstandard) für die Weltbevölkerung, ein Hirngespinst ist. Die Aufrechterhaltung der derzeitigen Produktion allein würde mich überraschen. Wir müssen die vierfache Ausnutzung der Rohstoffe erreichen, wie von Weizsäcker postuliert, und zugleich die Produktion stabil halten. Auf lange Sicht kann natürlich schon die vierfach effektivere Nutzung nicht nachhaltig sein, doch wenn wir dies Ziel in 40 Jahren erreichen sollten, werden wir eine Atempause bekommen um uns zu vergegenwärtigen, wie wir letztlich den Verbrauch nicht erneuerbarer Rohstoffe beenden wollen. Zum Glück sind Optimierungen im Sinne v. Weizsäckers nicht schwer zu erreichen. Dies könnten durch deutliche Einschnitte bei den ressourcenintensivsten Praktiken erfolgen, wie dem ausgiebigen individuellen Autogebrauch, dem gewohnheitsmäßigen Fliegen langer Strecken oder dem umfangreichen Transport von Gütern und Rohstoffen rund um die Welt.

Um die Warenproduktion nur auf dem jetzigen Level zu stabilisieren muss der aktuelle Lebensstandard in den reichen Ländern gesenkt werden, es sei denn wir wären bereit hinzunehmen, dass die Hälfte der Menschen auf diesem Planeten in Armut lebt. Dieser Wandel ist nur über graduell ansteigende Steuern in den reichen Nationen zu bewirken. Das Geldmachen in großem Stil muss besteuert werden. Bis zum Ende der Präsidentschaft Eisenhowers betrug der höchste Steuersatz in den USA 93 Prozent. Wutgeheul aus den Reihen der Superreichen darf uns nicht von der Rückkehr zu solchen Steuersätzen abhalten. Durch diese Form wirtschaftlicher Gerechtigkeit allein kann der Verbrauch gleichmäßig gehalten werden und gleichzeitig armen Menschen der Zugang zu Grundgütern erlaubt werden, der zu einem anständigen Leben nötig ist.

Eine der offensichtlichsten Notwendigkeiten ist das Recycling, Renovierung und die Wiederverwendung nahezu aller Güter. Weniger augenfällig ist die Rückkehr zu Verbrauchsgütern, die ein Menschenleben lang halten. In meiner Kindheit waren nahezu alle Gegenstände des täglichen Bedarfs daraufhin ausgelegt, jahrzehntelang zu halten. Geräte wie Toaster oder Kühlschränke hielten nahezu ewig und konnten repariert werden bevor sie eines Tages auseinander fielen. Heutzutage geht man davon aus, dass die Familie eben alle paar Tage zu Wal-Mart fährt um diese Dinge neu zu beschaffen, die inzwischen in China billig hergestellt werden. Dieses Geschäftsmodell ist am Ende. Alle Hersteller müssen gesetzlich verpflichtet werden ihre Produkte zurückzunehmen und ihre Bestandteile wiederzuverwerten (oder neu zu verarbeiten) wenn das Ende ihrer Lebensspanne erreicht ist.

Jungen Leuten mag es heute albern erscheinen, doch meine Eltern kauften in meiner Kindheit einen Toaster und verwendeten ihn bis vor zehn Jahren. Nachfolgemodelle hielten dagegen nur ein Jahr oder zwei. Etwa 1925 kauften meine Großeltern einen Kühlschrank, zu dieser Zeit eine sehr kostspielige Anschaffung. Dieses Gerät war bis 2001 in Gebrauch und wahrscheinlich weit energiesparender als heutige Modelle. Wenn dies mit der vergleichweise einfachen Technik von damals möglich war sollten wir das Selbe heute eigentlich mit Leichtigkeit besser hinbekommen.

Bevor wir untersuchen wie diese Ziele zu erreichen sind müssen wir einen kurzen Abstecher zum "Kapital" machen. Was ist es eigentlich, was tut es, und warum verschwindet es im Moment?

Kapitalzerstörung

Es gibt zwei Arten der Kapitalzerstörung. Die eine betrifft nur Papierwerte und ist trotz des Elends, das sie anrichtet, nicht so schlimm. In vielen Fällen ist das Geld nicht einfach weg, sondern nur woanders am falschen Ort. Man kann es durch Besteuerung der Reichen oder durch Verfolgung derer, die es gestohlen haben, zurückholen.

Es ist eine heilige Kuh der Ökonomie, dass nur Einkommen besteuert werden darf. Selbst der überzeugte Sozialist George Bernard Shaw wandte sich gegen eine Besteuerung der Reichen, doch es sollte nicht vergessen werden, dass er selbst reich war. Das Argument lautet, dass eine Besteuerung der Reichen Kapital aus dem System abzieht und wirtschaftliches Wachstum behindert. Doch selbst angesichts des Endes des Wachstums ist Kapital nötig um die Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit ins Lot zu bringen. Die USA und andere Länder bemühen sich allerdings, gescheiterte Industriezweige zu subventionieren und zu nationalisieren, und der einzige Weg zu dem benötigten Kapital geht über die Besteuerung von Vermögen. Ob dies Kapital durch Schulden - wie aktuell - oder durch Besteuerung erhoben wird ist nicht von Belang; so oder so steht es für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung.

In den USA und einigen weiteren Ländern waren die Immobilienpreise auf ein Niveau gestiegen, das mit durchschnittlichen Einkommen nicht mehr zu halten war, und das mit schrumpfenden Einkommen in der kommenden Krise nicht mehr aufrecht zu erhalten sein wird. Familien werden überwiegend nicht das Geld haben um überdimensionierte Häuser zu unterhalten, selbst abbezahlte. Bei steigenden Energiekosten, mit denen gerechnet werden muss, wird das Beheizen dieser Häuser unbezahlbar. Grundsteuern werden in den meisten Fällen ebenfalls steigen, da der Staat dringend auf Geld angewiesen ist um Schulden zu bezahlen und Arbeitslose in Lohn und Brot zu bringen. In der Folge werden die Immobilienpreise sinken, anhaltende Zahlungsunfähigkeit und Kapitalzerstörung entstehen.

Die andere Art Kapitalzerstörung geschieht in der physischen Welt. Dies geschah als durch Anwendung von Milton Friedmanns Theorien die Wechselkurse der USA so hoch stiegen, bis produzierende US-Unternehmen in keinem Markt mehr konkurrenzfähig waren. Zahllose Firmenpleiten waren die Folge. Als die Eigentümer sich ins Unvermeidliche fügten waren ihre Geldmittel aufgebraucht. Der Schliessung von Fabriken folgte die Auflösung materieller Besitzstände: Maschinen, Inventar und Rohstoffe. Diese wurden für wenig Geld verschleudert und entweder verschrottet oder zu anderen Zwecken genutzt als vorgesehen. Dies ist wirklicher Verlust von Besitz. Als die Friedmann-Idiotie endete und die Wechselkurse sich normalisierten waren die Firmen, die ansonsten wieder in Wettbewerb hätten treten können, einfach weg. Die meisten von ihnen kamen nie wieder und ihre Arbeit wird heute in Ländern wie China gemacht.

Wenn die Immobilienkrise richtig ernst wird, werden Teile des Immobilienbestandes zu negativen Werten werden. Manche Häuser wird miemand mehr wollen, egal zu welchem Preis, und sie werden letztlich abgerissen werden, zu Kosten, die wahrscheinlich den Wert der brauchbaren Überreste übersteigen. In den am schwersten getroffenen Regionen der USA ist dies wirklich schon so geschehen, obwohl der Abriss neuer Häuser meines Wissens bis jetzt noch nicht vorgekommen ist. (Abriss ist seit Jahrzehnten Alltag in den alten Stadtzentren des amerikanischen "Rost-Gürtels".) Dies ist eine Form physischer Vernichtung von Kapital, das in der Hoffnung auf schnelle Profite unüberlegt investiert wurde.

Die Zerstörung insbesondere physischen Kapitals hat langfristige Auswirkungen. Sie kündigt eine Ära der Härten an, nicht unähnlich der Zeit der Großen Wirtschaftskrise, wenngleich diese Periode möglicherweise nicht so schwierig und lang wird wie damals. Das größte Problem ist die Arbeitslosigkeit. Kapital ist verloren gegangen oder vernichtet worden und steht für die nötigen Aufgaben, mit denen Leute beschäftigt werden könnten, nicht mehr zur Verfügung. Sparsamkeit ist der Schlüssel zum Überleben. Sparsamkeit ist letztlich der Schlüssel zu neuer Kapitalbildung. Die Regierung könnte Geld drucken um es in neue Projekte zu investieren, unter Hinnahme einer Inflation. In Zeiten der Deflation sind inflationäre Maßnahmen nicht verkehrt.

Einzelne Maßnahmen

Ich werde die meisten möglichen Maßnahmen nur streifen und in den beiden folgenden Abschnitten eingehend kurz- und langfristige Änderungen auf den Gebieten besprechen, die mir von besonderer Bedeutung zu sein scheinen.

Wiederherstellung der amerikanischen Demokratie. Die Schikanen der aktuellen Präsidentschaft müssen enden. Die Nation muss sich wieder dem Ziel eines fairen Wahlvorgangs verpflichten. Der Lobbyismus muss unter Kontrolle gebracht werden. Alle Wahlkampffinanzierung muss offengelegt werden. Es muss ein Wahlrecht eingeführt werden, nach dem der Sieger die absolute Mehrheit der Stimmen gewonnen haben muss.

Schluss mit dem Irakkrieg. Und zwar noch heute. Und amerikanisches Geld soll für den Wiederaufbau sorgen. Entschuldigt euch beim Irak. Versprecht, so etwas nie wieder zu tun. Erneuert die Verpflichtung sich unter die Herrschaft und das Gesetz der Vereinten Nationen zu stellen.

Die Gesundheitsvorsorge muss verbessert und ihre Kosten dramatisch gesenkt werden. Die US-Wirtschaft kann nicht auf den Weltmärkten konkurrenzfähig bleiben so lange dies nicht erreicht worden ist. Die schwierigen moralischen Fragen im Zusammenhang mit der letzten Lebensphase muss bewältigt werden. An meinen Eltern sehe ich mich täglich mit diesen Fragen konfrontiert. Was ich weiss ist lediglich, dass das bestehende System brutal für den Einzelnen, und teuer jenseits aller Vorstellung ist. Statt dessen sollte auf ein Gesundheitssystem gesetzt werden, das wirklich die Gesundheit erhält und ein gesundes Aufwachsen der Kinder ermöglicht. Krankmachendes Essen sollte besteuert werden.

Legalisierung von Drogen für Erwachsene. Ein realitätsnahes Erziehungsprogramm zum Umgang mit Drogen sollte eingeführt werden, das letztlich die Achtung der Bürger als ernsthafte Informationsquelle gewinnen kann. Prävention und Behandlung aller Arten von Sucht sollten erforscht werden.

Schließung aller privaten Gefängnisse. Strafvollzug ist die Sache der Öffentlichkeit, keine Privatsache. Alle Gefangenen, die allein wegen Drogendelikten verurteilt sind, sollten freigelassen werden.

Verbesserung des Bildungswesens mit gleichzeitigem Abbau der Bildungs-Bürokratie. Bemühungen das Bildungssystem zu verbessern haben bei erheblichen Kosten nur die Lehre selbst behindert. Der mündige Bürger kann nicht mit Herumprobieren herangebildet werden. Die Aufwendungen für ein Hochschulstudium müssen wieder in den Bereich der Möglichkeiten normaler Familien kommen.

Neuregulierung der Luftkorridore. Funkfrequenzen Sollten an den höchsten Bieter versteigert werden. Begrenzung von Menge und Inhalt der Werbung.

Wiederbelebung der Innovation. Die USA waren Jahrhunderte lang führend bei erstklassigen Erfindungen. Dahinter sind wir weit zurückgeblieben und müssen jetzt unsere Nation neu erfinden, wie so oft. Die USA zum weltweiten Anführer der Nachhaltigkeit werden zu lassen ist eine ungeheure Herausforderung, aber auch eine große Chance.

Nun zu einigen Einzelheiten. Die große Herausforderung besteht darin, die Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen so bald als möglich zu beenden. Der Klimawandel muss gestoppt werden und weit reichende Maßnahmen müssen schon heute beginnen. Die Anpassungen werden vielfach schmerzlich sein, doch die meisten von ihnen werden schon auf kurze Sicht zu einem verbesserten Lebensstandard führen.

Kurzfristige Änderungen

Lassen Sie uns "kurzfristig" als gleichbedeutend mit acht Jahren ansehen. Die nachstehenden "langfristigen" Maßnahmen sollten verstanden werden als ernsthaft zu bedenkende, aber sofort zu beginnende Maßnahmen, wenngleich die Einführung über Demonstrationsprojekte hinaus reichend noch einige Jahre wird warten müssen. Doch selbst in diesem Falle sollte langfristige Planung kurzfristige Planung dergestalt beeinflussen, dass unsinnige Projekte nicht unüberlegt in Angriff genommen werden.

Die Finanzierung allen neuen Wohnungsbaus in abgelegen Gegenden und Vorstädten sollte beendet werden. Für existierenden Wohnungsbestand in solchen Gegenden sollten Hypotheken möglich sein, doch die Regierung sollte vorrangig an dem Grundbesitz beteiligt sein.

Stadtverwaltungen sollten ermutigt werden Siedlungsbeschränkungen zu erlassen wie in Portland/Oregon. Städte, die dies nicht einhalten, sollten keine Mittel mehr zum Ausbau der Autobahnen erhalten.

Flugreisen gehören besteuert. Der Aufschlag sollte zunächst moderat ausfallen und in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Stopp aller Flughafenerweiterungen.

Die US Highways sollten nicht mehr in Stand gesetzt werden. Das Geld sollte statt dessen in die Eisenbahn investiert werden, sowohl in den Güter- wie in den Personentransport. Wenn wir zu einem verlässlichen Personentransport kommen wollen, was ich für notwendig halte, müssen wir unbedingt wieder alle Schienenwege zweigleisig machen. Da fast alle dieser Gleiskörper zweigleisig angelegt wurden sind die Kosten für die Schienenlegung und neue Signalanlagen nur geringfügig höher als ein Neubau. Einige Brücken werden Reparaturen benötigen.

Der Güterverkehr muss von der Straße auf die Schiene gezwungen werden, mit dem Ziel einer 80% Reduzierung der LKW Tonnage in zehn Jahren. Die Besteuerung des LKW-Verkehrs muss unmittelbar erfolgen um die Schäden, die er an den Straßen verursacht, zu kompensieren. Weitere Steuererhöhungen sollen die anderen externen Kosten decken.

Luftfracht, die unglaubliche Energie für die transportierte Menge Güter verschlingt, muss erheblich besteuert werden. Dies ist vor allem auf landwirtschaftliche Erzeugnisse anzuwenden.

Es muss in den öffentlichen Nahverkehr investiert werden. Sowohl für die technischen als für die betrieblichen Aspekte müssen hohe Forschungsmittel bereitgestellt werden. Besondere Anstrengungen sollten für die Entwicklung oberleitungsfreier Straßenbahnen gemacht werden, damit die teuren und hässlichen Drähte nicht einer schnellen Einführung bezahlbarer neuer Systeme im Wege stehen. Eine Standard-Straßenbahn, die bequem, effizient und wirtschaftlich ist, muss entwickelt werden. Ein ähnlicher, aber kleinerer Versuch sollte mit Bussen gemacht werden.

Die Federal Railroad Administration, größtes Hindernis für eine Verbesserung des Schienentransports in den USA, muss umgebaut werden. Ihr Kernproblem ist die Philosophie, wie Passagiere bei einem Unfall geschützt werden können, obwohl das eigentliche Thema heissen müsste wie man Unfälle überhaupt vermeidet. Eisenbahnwaggons in den USA sind deswegen 50% schwerer und doppelt so teuer wie nötig. Hier kann man von Europa lernen, wo die Sicherheit deutlich besser ist.

Die Konstruktion mittelgroßer Schienenfahrzeuge sollte begonnen werden, wo mit einem Zuwachs der Passagierzahlen zu rechnen ist, der sich bei steigenden Spritkosten und immer langsamerem Fortkommen per Auto einstellen wird. Geschwindigkeiten von 200 km/h sind meist ausreichend; der Gewinn von Geschwindigkeiten über 200 km/h ist meist teuer erkauft.

Einführung eines umfassenden Programms zur Verringerung des Energieverbrauchs in allen Gebäuden. Dies kann viele Arbeitsplätze schaffen.

Ein nationales System erneuerbarer Stromerzeugung muss in Angriff genommen werden. Dies schließt wohl die Errichtung eines Hochspannungsnetzes ein, durch das Energie effizient von Windmühlen und Solarfarmen zu den Kunden gebracht werden kann. Der Bau neuer Kohlekraftwerke muss eingestellt werden. Der Stromverbrauch muss so weit besteuert werden, dass die Menschen mit dem Energiesparen Ernst machen. Dazu muss der Strompreis binnen weniger Jahre mindestens verdoppelt werden. Der Austausch von Glühbirnen kann den Stromverbrauch bedeutend senken. Die Straßenbeleuchtung sollte reduziert und das Licht nur zum Boden hin ausgerichtet werden. Andere Maßnahmen sind teuer und schwieriger, doch der hohe Strompreis wird für notwendige Änderungen sorgen.

CO2 muss besteuert werden. Zu Beginn sollte der Steuersatz niedrig liegen, vielleicht bei 0.50 Dollar/Gallone Sprit, doch ein stetiger Anstieg auf ein hohes Niveau sollte gleich jetzt verkündet werden, so dass die Menschen beginnen können ihr Leben darauf einzustellen. Ein langfristiger Plan dürfte eventuell die Einführung von Handelbaren Energiezuteilungen beinhalten.

Die Ethanolproduktion aus Mais sollte schleunigst beendet werden. Dies wird Energie sparen helfen und die Nahrungsmittelpreise weltweit wieder sinken lassen.

Die Verkehrssicherheit muss drastisch verbessert werden. Als Ziel sollte eine Verringerung der Verkehrstoten um jährlich 5.000 innerhalb zehn Jahren angepeilt werden. Die dazu notwendigen Maßnahmen werden wiederum den Treibstoffverbrauch senken. Darunter fallen:

  • Sofortige Senkung des nationalen Tempolimits auf 88 km/h wie in den Siebziger Jahren zu Zeit der Ölkrise. Ankündigung weiterer Senkungen auf 80 oder sogar 70 km/h in den kommenden Jahren.
  • Abregelung aller Fahrzeuge auf maximal 100 km/h. Das Erreichen dieser Höchstgeschwindigkeit bei Vollgas muss mindestens 15 Sekunden dauern. Diese Begrenzungen können gelockert werden nachdem ein niedrigeres Tempolimit verbindlich eingeführt wurde. Dadurch können Motoren wesentlich kleiner gebaut werden als heute.
  • Einführung intelligenter Lenksysteme, wodurch kein Fahrer die örtlichen Tempolimits überschreiten kann.
  • Unterbindung aller Arten von Telekommunikation des Fahrers.
  • Spezielle Führerscheine für alle Fahrzeuge über 1,8 Tonnen. Diese Führerscheine sollten schwer zu bekommen und leicht zu verlieren sein. Besitzer solcher Fahrzeuge sollten ihre Lizenz zunächst behalten, doch durch strenge schriftliche Tests und Fahrprüfungen sich als den höheren Anforderungen zum Führen solcher Fahrzeuge gewachsen nachweisen.
  • Einführung eines Stufensystems für Führerscheinneulinge. Dies würde besondere, gering motorisierte Fahrzeuge mit geringer Masse und nur zwei Sitzen einschließen, damit die Öffentlichkeit nicht mehr in diesem Maße durch Fahranfänger und ihre oftmals rücksichtslose Fahrweise bedroht wird. Diese Fahrzeuge sollten einen Faradayschen Käfig enthalten, der jedes Telefonieren während der Fahrt unmöglich macht.
  • Ältere Fahrer sollten regelmäßig auf ihr Fahrvermögen hin getestet werden. Über achtzig Jahren sollte ein jährlicher Test Pflicht werden. Fahrprüfungen sind nötig, nicht nur Seh- und Hörtests.
  • Die Verkehrssicherheit von LKWs sollte strengen Kontrollen unterworfen und angemessen verfolgt werden. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf überdimensionierte Fahrzeuge gelegt werden.

Die US-Autohersteller sollten insolvent gehen können. Ihr physisches Kapital zumindest sollte man zu retten versuchen, indem ihre Fabriken sich künftig der Herstellung nützlicher Dinge wie Züge oder Windturbinen widmen. Sämtliche Hersteller sollten hohen und steigenden, flottenweisen Verbrauchsvorschriften unterworfen werden. Innerhalb zweier Jahre sollten etwa 10 Liter/100km erreichbar sein, ein Maximalverbrauch von 1,5 Liter innerhalb 12 Jahren. Letzteres erscheint heute unmöglich, doch Volkswagen hat bereits einen Prototypen gebaut, die dies sogar noch unterbietet.

Langfristige Änderungen

Die folgenden Änderungen werden Generationen brauchen. Es sollten sofort Gelder zur Erforschung zur Verfügung gestellt werden, wie diese Ziele erreicht werden können.

Eine nachhaltige Landwirtschaft ist der einzige Weg des Fortschritts. Sie wird das Ende der Produktion und des Transports von Lebensmitteln mit Hilfe von Erdölprodukten erfordern. Ich erwarte mir drastische Verbesserungen schon auf kurze Sicht, doch die letztliche Eliminierung des Erdöls ist eine gewaltige Aufgabe, die wir jetzt beginnen sollten.

Das Leben in Städten muss verbessert werden, indem der schädliche Einfluss des Autos verringert wird. In allen Stadtzentren sollte das Befahren in erheblicher Höhe mautpflichtig werden, nach dem Vorbild von London. Das Rechtsabbiegen bei Rotlicht sollte in Städten unterbunden werden. Kameras sollten dafür sorgen, dass Fußgänger und Radfahrer auf Kreuzungen zu ihrem Recht kommen. Autofahrer sollten bei Zusammenstößen mit Fußgängern und Radlern die Beweislast auferlegt bekommen. Hupen sollten in städtischem Gebiet deaktiviert werden.

Der Fokus sollte auf die Wiederbelebung städtischer Zentren gelegt werden, und zwar auf eine Weise, die letztlich völlig autofreie Straßen zum Ziel hat.

Die Gebietsaufteilung muss dahingehend geändert werden, dass untereinander verträgliche Nutzungsformen Gegenstand der Stadtentwicklung werden. Die aufgeteilte Nutzung, die von der US-Regierung in den späten 30er Jahren eingeführt wurde, muss beendet werden. Verdichtung naheliegender Vororte durch dichtere und höhere Bebauung. Neubau von Häusern auf dem Grund, der jetzt Straße ist. Öffentlicher Nahverkehr von diesen Vororten in die Stadtzentren muss gebaut werden.

Die Öffentlichkeit muss darauf eingestimmt werden künftig in kleineren Wohnungen zu leben. Wir können keine 100 Quadratmeter pro Person mehr unterhalten. Es sollte finanzielle Unterstützung für die Aufteilung großer Häuser in kleinere, nahegelegene Wohneinheiten bereitgestellt werden. Baustoffe sollten so weit als möglich aus den abgerissenen Vorstadtburgen gewonnen werden.

Verbot jeder weiteren Errichtung von Einkaufszentren auf der grünen Wiese. Alle kommerziellen Gebäude müssen in Stadtzentren untergebracht werden, wo eine gute ÖPNV-Anbindung sichergestellt werden kann.

Autofreie Städte sollten in großem Maßstab errichtet werden. Die größten Anstrengungen sollten dahin gehen, bestehende Städte auf den Betrieb ohne Autos umzubauen. Dies Unternehmen ist gewaltig und kann Millionen Menschen für Jahrzehnte in Lohn und Brot bringen. Bundeseigener Grund sollte in staatlicher Landzuteilung zum Bau von Städten verwendet werden, in der Tradition der Verwendung öffentlichen Grunds zur Erreichung öffentlicher Ziele.

In Städten mit mehr als 50.000 EW sollten Straßenbahnen gebaut werden. Autos müssen ihnen aus dem Weg bleiben, damit sie pünktlich verkehren können. Die Benutzung sollte kostenlos sein. Dieses System sollte mit einem standardisierten Typ einer oberleitungsfreien Bahn geschaffen werden.

Die Entwicklung einer Interstate Rail-Eisenbahn sollte in Angriff genommen werden, als Nutzungsmöglichkeit für künftige Überkapazitäten des Highway-Netzes. Passagier- und Frachttransport wird in einem völlig neuen Eisenbahnnetz zur Verfügung stehen. Die Grundstückskosten wären sehr niedrig. Der Bau sollte in den nächsten acht Jahren begommen werden.

Der größte Teil der Eisenbahn, wie sie 1918 bestand, sollte wieder in Stand gesetzt werden. Die Gleiskörper existieren weitgehend noch und daher wären die Kosten tragbar. Diese Strecken werden unregelmäßig bedient werden, doch sie werden für Menschen auf dem Lande die Verbindung zur Außenwelt werden wenn das Autofahren zu teuer wird.

Eine neue Generation Flugzeuge sollte entwickelt werden, die langsamer (etwa 250 Knoten) und leichter ist als die Flugzeuge von heute. Die Energieeffizienz muss deutlich nach oben geschraubt werden und die Emissionen in die Stratosphäre dementsprechend verringert. Flüssiger Wasserstoff ist der vielversprechendste Ansatz. Die jährlichen Passagierkilometer müssen drastisch sinken. Transkontinental- und transozeanische Flüge werden weiter nötig sein, wenngleich in weit geringerer Zahl als heute.

Die Arbeit an einem System zur Erzeugung von Transportenergie aus erneuerbaren Quellen sollte in Angriff genommen werden. Es gibt bereits eine Reihe von Ansätzen, doch noch kein so weit entwickeltes System, das in der Praxis eingesetzt werden könnte. Dies könnte mit der Fermentierung einiger landwirtschaftlicher Abfallprodukte möglich werden, wie die Produktion von Ethanol aus Abfällen der Zuckerrohrproduktion in Brasilien. Kein Projekt sollte begonnen werden, das nicht auf lange Sicht nachhaltig ist. Elektrische Eisenbahnen sind der vielversprechendste Ansatz, doch gewisse Arten flüssiger Treibstoffe bleiben wichtig. Das völlige Ende des Autogebrauchs sehe ich noch nicht kommen, doch vieles läuft auf elektrische Autos für kurze Strecken hinaus, die auf dem Parkplatz aufgeladen werden.

Ich zögere dies zu sagen, doch ich glaube wir sollten die Arbeit an einem neuen Prototyp von Atomkraftwerk aufnehmen. Es sollten nur einige Demonstrationsreaktoren gebaut werden, die mit nuklearen Abfällen fertig werden können. Es gibt bereits Methoden dazu, doch diese sind extrem teuer. Gleichwohl sorge ich mich, ob der Übergang zur Erneuerbaren Energiewirtschaft ohne die Kernkraft als Brücke gelingen kann. Daher sollten neue, sichere Kernkraftwerke in Auftrag gegeben werden, mit der Maßgabe sie nur einzusetzen wenn absolut notwendig. Andere Planungen sollten womöglich dafür sorgen, dass dies letztlich nicht eintritt. David Fleming meint, dass die Erschöpfung spaltbaren Materials ein viel ernsteres Problem darstellt als ich bislang dachte. Man kann argumentieren, dass die einzige Art, den atomaren Geist wieder in die Flasche zurück zu bekommen darin besteht, alles Plutonium weltweit in Reaktoren zu verheizen. Die Planungen für die Zukunft sollten besser keinen weiteren Bau von Kernkraftwerken vorsehen.

Schlüsse

Wir verfügen über die Mittel eine friedlichere, nachhaltigere und freundlichere Welt zu erschaffen. Die Änderungen dazu sind größer als alles, was die Geschichte je erlebt hat. Das Apollo-Projekt der 60er Jahre ist winzig dagegen. Wenn Sie einer der großen Präsidenten Amerikas werden wollen so müssen Sie meiner Überzeugung nach die Nation auf den Weg in Richtung dieser hoffnungsvolleren Zukunft bringen. Fürchten Sie nicht den Widerstand der Reichen. Sie benötigen statt dessen die begeisterte Unterstützung der großen Mehrheit des amerikanischen Volks. Dass Sie dies vermögen haben Sie bereits unter Beweis gestellt. Nun beginnt die wahre Arbeit. Sie müssen es noch einmal hinbekommen. Wenn Sie es schaffen, werden Sie den Rest der Welt mitreißen.


 

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