Carfree Times

      Ausgabe 37

1. Januar 2005     
 
Siena
Hauptstrasse in Siena, 1998

Bekanntmachungen

Unterstützung von Carfree.com

Die Bereitschaft so vieler Leute, ihr sauer verdientes Geld zu teilen hat mir verdeutlicht, dass diese Webseite wirklich geschätzt wird und dies hilft mir, mein Engagement zu erhalten. Bitte schauen Sie auf die Support-Seite wenn Sie einen Beitrag dazu leisten wollen, Carfree.com werbefrei zu halten.

Ulrich Nehls hielt uns im November and Dezember am Laufen. James Kushner zahlte den Januar. Michael Lytton finanzierte den Server von Februar bis April. Mein Dank geht an sie alle.

Zazzle Poster

Der Grundriss für autofreie Städte, von Frechdachsen auch gern "Joels Mandala" genannt, ist mittlerweile bei
Zazzle käuflich erhältlich. Die Gewinne gehen zum Teil an Carfree.com.

Carfree Design Manual

Die Arbeit am Carfree Design Manual geht rasch voran. Es dürfte Ende diesen Jahres erscheinen.

Carfree Cities Verfügbarkeit

Sowohl die Paperback- als auch die gebunden Ausgabe von Carfree Cities sind weithin erhältlich. Einzelheiten auf der Bestellseite. Seien Sie darauf gefasst, dass manche Buchhändler beide Ausgaben deutlich teurer als zum Listenpreis verkaufen. In den USA sollten Sie nicht mehr als $29.95 für die gebundene Ausgabe bzw. $17.95 für die Paperback-Ausgabe zahlen.

World Carfree Network

Das World Carfree Network hat wegen seiner steigenden Bedeutung einen eigenen Platz bei den Bekanntmachungen bekommen.

Towards Carfree Cities V

Die Konferenz "Towards Carfree Cities V" wird in Budapest stattfinden. Es ist die fünfte Konferenz ihrer Art in Serie, die vom World Carfree Network organisiert wird. Die Konferenz Webseite wird demnächst die Details enthalten. Bei Drucklegung stand der Ort für TCFC VI noch nicht fest, doch einige ernst zu nehmende Vorschläge liegen bereits vor.

Autofreies Pilotprojekt

Das World Carfree Network überlegt, ein autofreies Pilotprojekt ins Leben zu rufen. Weltweit könnten Städte sich darum bewerben, der Ort zu sein, an dem die Umgestaltung eines existierenden Stadtgebiets in einen auto- und motorfahrzeugfreien Lebensraum vollzogen wird. Dieser Ort würde ein am Menschen orientierter, lebendiger und architektonisch reizvoller Lebensraum werden, mit kurzen Wegen und gemeinschaftlichem Leben. Der Gewinner würde finanzielle und beratende Unterstützung vom World Carfree Network und seinen Partnern erhalten, doch die Umgestaltung würde von Menschen vor Ort bestimmt. Wer Interesse daran hat, hierbei zu helfen, sollte das World Carfree Network kontaktieren.

Carfree Diskussions-Listen

Weitere Aktivitäten des World Carfree Network sind im entstehen. Ein frühes, kleineres Projekt ist die List of Carfree Lists.

Autofreie USA

CarFree City, USA arbeitet im Verbund mit World Carfree Network. Das Ziel ist, autofreie Bereiche in den USA schaffen.

Zitat

Patriotismus bedeutet, sein Land immer zu unterstützen,
und auch seine Regierung, wenn sie es verdient.
Mark Twain zugeschrieben,
dessen Grundstimmung es sicherlich wiedergibt.
 
 

Leitartikel

Die Dynamik kurzer Wege

von J.H. Crawford

Im Zuge der Niederschrift des Carfree Design Manual hatte ich Anlass, die Frage der kurzen Wegstrecken zu erörtern. Diese sind in einer autofreien Stadt von besonderer Bedeutung, da diese Wege den größten Teil ausmachen werden und in mancher Hinsicht das grösste Problem darstellen.

Diese Analyse basiert auf dem Stadtdesign aus 'Carfree Cities'. Es müssen einige Annahmen hervorgehoben werden:

Gehen

Die Vorbereitung ist Null (denn Sie müssen für alle Fortbewegungsarten Ihre Schuhe anziehen). Einige Menschen laufen merklich schneller als die angenommenen 75 Meter/Minute, einige deutlich langsamer, doch dies ist eine gute Schätzung.

Radfahren

Es braucht je eine Minute, um dorthin zu gehen, wo das Rad geparkt ist, es aufzuschliessen und auf die Strasse zu gelangen. In vielen Fällen wird das Abstellen und Abschliessen länger dauern als hier angenommen, aber wenn das Rad direkt vor dem Ziel abgestellt ist und nicht abgesperrt werden muss, fallen diese Zeiten geringer aus. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beim Radfahren ist 15 km/h, einschliesslich Halten und Verzögerungen durch querenden Verkehr etc.

U-Bahn

3 Minuten zur nächsten U-Bahn ist ein wenig zu optimistisch, doch 4 Minuten sind auf jeden Fall zu viel. Die Annahme, dass Sie in 3 Minuten einsteigebereit auf dem Bahnsteig sein können (einschliesslich Wartezeit) hängt von der Realisierung des kostenlosen Transports ab und von dem Umstand, dass die Bahnsteige etwa 4 Meter unter Strassenniveau liegen (wie weitgehend in der Berlin der Fall). Die Annahme geht weiter davon aus, dass die Züge etwa alle 4 Minuten fahren, was der derzeitigen Praxis in der U-Bahn von Lissabon nahekommt. Es wird angenommen, dass Sie eine Minute brauchen, um den Zug zu verlassen und zur Strasse hochzugehen. Die zwei Minuten, um das endgültige Ziel zu erreichen werden angenommen, weil interessante Ziele oft nahe bei den Haltestellen liegen. Die Fahrzeit von einer Minute für die 760 Meter von Station zu Station ist etwas besser als derzeitiger Standard und nimmt die Verbesserungsvorschläge in Carfree Cities vorweg.

Autofahren

Eine Minute wird benötigt, um zum Auto zu laufen und eine weitere, um hineinzukommen, den Parkplatz zu verlassen und die Strasse zu erreichen. Diese Zeiten werden erheblich voneinander abweichen und sind reichlich optimistisch. Die angenommene Durschnittsgeschwindigkeit von 21,6 km/h unterstellt direktes Anfahren des Zieles, keine Einbahnstrassen und keine Verkehrshindernisse, ansonsten würde wesentlich mehr Wartezeit an Einmündungen entstehen und auch mehr Zeit zum Einparken.

Rollsteige

Das System, das ich im öffentlichen Test bei Montparnasse sah, hatte eine Geschwindigkeit von 9 km/h (150 m/min.). Die Steigerung auf 18 km/h soll möglich sein. Nachdem aber bereits bei 9 km/h Leute hinfallen habe ich keine Geschwindigkeitssteigerung angenommen. Es wird angenommen, dass der Einstieg auf den Rollsteig am gleichen Platz wäre wie eine Metrostation, nur an der Oberfläche. Diese Annahme ist womöglich unrealistisch, von speziellen Ausnahmen abgesehen.

Analyse

Durch die Rundung der Zeiten in Bewegung zur nächsten vollen Minute treten Fehler auf, die aber das Gesamtergebnis nicht ändern.

Wir beginnen mit einem Weg von 200 Metern (U-Bahnen und Rollsteige kommen für solch einen kurzen Weg nicht in Betracht)

Bewegungsart & Durchschnitts-
geschwindigkeit
Fussweg zum TransportmittelVorbereitungs- und WartezeitFahrtzeitBeendigung des TransportsFussweg zum EndzielTotal
Gehen(75m/min) 003003
Radfahren (250m/min) 111115
Autofahren (360m/min) 111216

Beachten Sie, dass Gehen die schnellste Fortbewegungsart ist und Autofahren die langsamste, während das Fahrrad nur wenig schneller ist als das Auto. Viele Amerikaner, wohlgemerkt, legen gewohnheitsmäßig noch kürzere Strecken als diese im Auto zurück.

Lassen Sie uns nun einen Weg von 400 Metern betrachten, der nur wenig weiter ist als der Radius im Stadtbezirk wie in 'Carfree Cities' vorgeschlagen.

Bewegungsart & Durchschnitts-
geschwindigkeit
Fussweg zum TransportmittelVorbereitungs- und WartezeitFahrtzeitBeendigung des TransportsFussweg zum EndzielTotal
Gehen 005005
Radfahren 112116
Autofahren 111216
U-Bahn (760m/min) 3311210
Rollsteig (150m/min)303028

Gehen, Radfahren und Autofahren nehmen in etwa die gleiche Zeit in Anspruch. Beachten Sie, dass im Falle der U-Bahn und des Rollsteigs 5 Minuten auf das Laufen entfallen und dass beide Fortbewegungsarten für diese kurzen Distanzen keinen Sinn machen, es sei denn dass Start- und Endpunkt sich direkt bei den Haltestellen befinden.

Betrachten wir einen Weg von 750 Metern, den ungefähren Durchmesser des Stadtbezirks, so erhalten wir folgende Ergebnisse:

Bewegungsart & Durchschnitts-
geschwindigkeit
Fussweg zum TransportmittelVorbereitungs- und WartezeitFahrtzeitBeendigung des TransportsFussweg zum EndzielTotal
Gehen 00100010
Radfahren 113117
Autofahren 112217
U-Bahn 3311210
Rollsteig3050210

Fahrrad und Auto schneiden hier am Besten ab und alle anderen Modi benötigen ca. 10 Minuten.

Verdoppeln wir die Streckenlänge nochmals so kommen wir zu folgenden Zeiten:

Bewegungsart & Durchschnitts-
geschwindigkeit
Fussweg zum TransportmittelVorbereitungs- und WartezeitFahrtzeitBeendigung des TransportsFussweg zum EndzielTotal
Gehen 00200020
Radfahren 1161110
Autofahren 114219
U-Bahn 3321211
Rollsteig30100215

Autofahren schneidet etwas besser ab als Radfahren oder U-Bahn. Gehen oder den Rollsteig benutzen fallen langsam aus dem Wettbewerb.

Eine weitere Verdoppelung der Streckenlänge auf 3000 Meter ergibt folgende Zeiten:

Bewegungsart & Durchschnitts-
geschwindigkeit
Fussweg zum TransportmittelVorbereitungs- und WartezeitFahrtzeitBeendigung des TransportsFussweg zum EndzielTotal
Gehen 00400040
Radfahren 11121116
Autofahren 1182113
U-Bahn 3341213
Rollsteig30200225

Auto und U-Bahn schneiden gleich ab, das Fahrrad ist nur wenig langsamer. Gehen und der Gehsteig sind vergleichsweise langsam, doch Gehen ist weiterhin eine vernünftige Wahl, die ich nicht selten für mich selbst treffe, selbst über diese Strecke.

Ein letztes Mal die Streckenlänge verdoppelt, auf 6000 Meter, ergibt Folgendes:

Bewegungsart & Durchschnitts-
geschwindigkeit
Fussweg zum TransportmittelVorbereitungs- und WartezeitFahrtzeitBeendigung des TransportsFussweg zum EndzielTotal
Gehen 00800080
Radfahren 11241128
Autofahren 11172122
U-Bahn 3381217
Rollsteig30400245

Das Gehen ist nun in den Bereich des Unpraktischen gefallen, der Rollsteig ist ziemlich langsam (es sei denn wir laufen in die Richtung in die wir fahren, was 13 Minuten einspart und ihn dem Radfahren nahe bringt). Der Weg mit dem Rad ist lang, aber noch voll und ganz machbar. Die U-Bahn ist das schnellste Fortbewegungsmittel und wird es auch für alle noch längeren innerstädtischen Strecken bleiben. (Diese Schlussfolgerung ist nicht notwendigerweise haltbar wenn der Radfahrer ungehindert und mit guter Kondition fahren kann, doch in Hinsicht auf den Durchschnittsradler und selbst für gute Fahrtbedingungen wird die U-Bahn tendenziell schneller sein solange die Wartezeiten nicht mehrere Minuten übersteigt).

An dieser Stelle schleichen sich einige Fehler ein. Zunächst dürfte eine U-Bahn-Fahrt dieser Länge Umsteigen erforderlich machen, was mit 3 Minuten zusätzlich zu Buche schlüge. Mit dem Auto könnte man in der Praxis besser fahren, wenn man davon ausgeht, dass längere Wege auf Schnellstrassen gemacht werden könnten. Merklich längere Wege werden vor allem zwischen Städten entstehen und für die U-Bahn oft zwei Umstiege erforderlich machen. Sie sind zwar für den Radfahrer noch machbar, werden jedoch zum Selbstzweck, da die meisten Menschen üblicherweise nicht mehr als eine Stunde radeln werden, ausser um herum zu kommen. Gehen und der Rollsteig bleiben aussen vor, bis auf die Fortbewegungsart, mit der man in Bahnstationen zu Intercityzügen kommt. Generell bleibt Autofahren die schnellste Art, übertroffen nur von Hochgeschwindigkeitszügen auf Langstrecken (über 100 km oder mehr). In der autofreien Stadt allerdings ist der Schienenverkehr im Vorteil, da der Autofahrer viel Zeit darauf verwenden muss, in der U-Bahn sein Auto zu erreichen.

Die Strassenbahn an der Stelle der U-Bahn würde keinen grossen Unterschied ausmachen; kürzere Wege sind wegen der leichteren Erreichbarkeit der Haltestellen in der Strassenbahn etwas schneller, und die längeren Strecken sind langsamer wegen der geringeren Durchschnittsgeschwindigkeit der Strassenbahn. (Ich unterstelle, dass Straßenbahnen aus Sicherheitsgründen nie 50 km/h überschreiten, und, wie in den Kurznachrichten unten zu lesen, ist unter manchen Umständen selbst dies zu schnell).

In dieser Analyse fehlt die Einbeziehung örtlicher Nahverkehrssysteme, die U-Bahn-Stationen mit Aussenbezirken verbinden, die zu Fuß etwas zu weit (über 400 Metern) entfernt wären und gleichzeitig zu nahe, um sich den Versuch anzutun, ein Fahrrad an einer belebten U-Bahn-Station abzustellen. Wir werden versuchen, die Notwendigkeit dessen, was ich einen "jitney service" nenne, in einer anderen Ausgabe von Carfree Times darzustellen. Ein solcher Dienst braucht kurze Warte- und Einstiegszeiten sowie Haltestellen alle 100 bis 200 Meter. Dies kann man erreichen, doch die vorgeschlagenen Methoden sind nicht ohne Probleme.


 

Kurznachrichten

World Carfree Day, 22 September 2004

Tausende Städte begingen weltweit den diesjährigen autofreien Tag, acht Jahre nach dem Frankreich seinen ersten autofreien Tag hatte. Das amerikanische Propaganda-Sprachrohr 'Radio Free Europe' ging so weit zu sagen, er habe "seitdem begeisterten Rückhalt in Europa und Teilen von Asien und Lateinamerika gefunden. Einige Querköpfe allerdings weigern sich immer noch, ohne ihr persönliches Transportmittel zur Arbeit zu erscheinen, trotz des guten Vorbildes von Bürgermeistern und sogar Ministern, die das Rad benutzen". Und weiter: "Die Veranstaltung ist dazu gedacht, die Leute zum Innehalten und Nachdenken zu bringen, wie das Auto, Symbol für persönliche Bewegungsfreiheit im 20. Jahrhundert, zur Ursache für Verschmutzung, Lärm und Frustration in verstopften Strassen werden konnte." Trotz der Verdrehungen in diesem Artikel bringt es das in etwa auf den Punkt.

Autofreier Tag in Nordamerika

Berkeley, California, beging seinen eigenen autofreien Tag - nämlich am 19. September. Egal. Einige wenige Strassen in der Innenstadt von Berkeley wurden für die Veranstaltung gesperrt, eine davon als autofreie Zone ausgewiesen. Die autofreie Strasse war schlauerweise einen Block entfernt von der Musik und dem Essen, wo etwas los war, so dass nur wenige Menschen sie bemerkten. Aber er fand statt.

Die Nachbarstadt Oakland hielt einen "transportation/smart growth fair" auf der Dreiundzwanzigsten Straße. Der Stadtrat rief den autofreien Tag aus, um "Pendler zu ermutigen, die verfügbaren Transport-Alternativen zu versuchen und dem weit verbreiteten Wunsch nach Verringerung der Auto-Abhängigkeit Gestalt zu verleihen." Etwa 500 Teilnehmer besuchten die 30 Info-Stände zu Verkehrs- und Carsharing-Agenturen, Radlergruppen, Autofrei/Globale Erwärmung/Öko-Stadt/Anti-Zersiedelung-Gruppen und eines Gesundheitsunternehmens. Hinzu kamen Musik, Essen, Preisverleihung und Ballons. Die Veranstaltung fand auf einem innerstädtischen Platz statt, der einige Jahre zuvor entstand, als zwei Strassen dauerhaft für den Verkehr geschlossen wurden.

In Kanada, wo man in diesen Dingen weiter ist, fanden solche Veranstaltungen in Halifax, Hamilton, Kingston, Kitchener, Montreal, Ottawa, Toronto, und Victoria statt.

Atmung und Luftverschmutzung

Untersuchungen haben ergeben, dass Kinder in südkalifornischen Städten mit hoher Luftverschmutzung stärker zu einer verringerten Lungenfunktion neigen. Das The New England Journal of Medicine berichtet von der Studie, in der 1.759 Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren in einem Dutzend südkalifornischer Städte untersucht wurden. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass 7,9 % der Achtzehnjährigen aus Gebieten mit hoher Luftverschmutzung Lungenkapazitäten aufwiesen, die unter 80% des üblichen lagen. Nur 1,6 % derjenigen, die die am wenigsten verschmutzte Luft atmeten, litten an dem selben Mangel.

Hauptquelle der Luftverschmutzung waren Autos. Die beobachteten Effekte waren ähnlich denen in einem Haushalt, in dem die Mutter raucht. Ein Autor der Studie sagte: "Wir beobachten die Wirkung bei allen Kindern. Sie sind dem unausweichlich ausgesetzt. Es ist nicht wie bei einem Raucher, dem man raten kann aufzuhören."

Nun, man kann in der Tat Leuten raten, aufzuhören - nicht mit dem Atmen, sondern mit dem Autofahren.

"Lung Function Tied to Pollution Level"
Reuters
9 September 2004

Kalifornien plant Reduzierung der Treibhausgase

Kalifornien plant Gesetze, die in den nächsten 11 Jahren die Treibhausgas-Emissionen aus Fahrzeugen um 30% reduzieren sollen. Sofern diese Vorschriften nicht von den Gerichten abgeschmettert werden, werden sie als erste ihrer Art in den USA die Fahrzeughersteller zwingen, effizientere Fahrzeuge zu entwickeln.

Die Autobauer wehren sich standhaft gegen diese Massnahme und behaupten, sie müssten den Verkauf von SUVs und Sportwagen in Kalifornien einschränken falls sie sich fügen müssten. Sie behaupten weiter, dass die Massnahme kostspieliger würde als vom Gesetzgeber geschätzt. Die Behörden sagten allerdings, dass die Industrie sich leicht unter Benutzung von Standard-Technologie helfen könne. Sieben Ost-Staaten folgen generell Kaliforniens Vorstoß zugunsten Emissionsbeschränkungen, so dass der Plan eventuell 30% des Marktes beeinflussen könnte.

Autofabrikanten werden den Plan zweifellos endlos juristisch bekriegen und Bush & Co. dürften ihn auch sabotieren. Die Behörden sagen aber, dass sie aus Auseinandersetzungen der Vergangenheit gelernt haben und erwarten, vor Gericht zu obsiegen. Beobachten wir diese sich entwickelnde Auseinandersetzung und haben wir ein Auge darauf, was Toyota tut. Die Firma könnte die Forderungen mit Modellen direkt aus dem Verkaufsraum erfüllen wie sie jetzt in Europa und den USA verkauft werden.

Das 'Air Resources Board' des Staates, das von Gouverneur Hummer [i.e. Gouverneur Schwarzenegger, der ein Fahrzeug des Typs 'Hummer' fährt, Anm. d. Übersetzers] eingesetzt wurde, votierte mit 8 zu 0 Stimmen für den Plan. Die Auto-Riesen bleiben weiter dabei, dass die globale Erwärmung eine unbewiesene Theorie sei.

Vorstädte & Fettleibigkeit

Ärzte, Stadtplaner, Diätologen, Meteorologen, Architekten, Sozialaktivisten, Planer und Politiker versammelten sich in Washington um die Auswirkungen der gebauten Umwelt auf die Fettleibigkeit zu erörtern. Elias Zerhouni, Director der NIH, sagte: "Wir können mittlerweile unsere Umwelt mit einer Geschwindigkeit ändern, mit der unsere Gene nicht mehr Schritt halten können."

James Hill sagte, dass unsere Gene uns dazu anhalten, "alle verfügbare Nahrung zu essen und das wir uns um Ruhepausen nicht kümmern müssen." Allerdings ermöglicht uns die Technik, den Tag über ohne körperliche Bewegung auszukommen und in den USA ist es mittlerweile akzeptiert, nahezu überall zu essen. Seine Sorgen brachten ihn zur Gründung der non-profit-Organisation "America on the Move." Ihr erstes Ziel ist, die Gewichtszunahme zu stoppen - Amerikaner nehmen 1 bis 2 Pfund jedes Jahr zu. Lediglich 2000 Schritte zu Fuß und 100 Kalorien weniger täglich wären ein wichtiger Fortschritt.

Letztendlich sind aber Änderungen in Bauweise, Wirtschaftsformen und Umweltpolitik unabdingbar. Neue Gemeinden müssen Fuß- und Radwege bekommen. Er möchte Reklame mit bekannten Comic-Figuren, die gesundes Essen statt junk-food bewerben. Restaurants sollten anbieten, dass ihre Kunden sich einen Teil des Essens für den nächsten Tag eingepackt mitnehmen können. Jeder Arbeitnehmer sollte einen täglichen, zwanzigminütigen Fussweg haben.

Die Teilnehmer waren aufgefordert, sich über ein Stadtbild Gedanken zu machen, das körperliche Aktivität nicht nur möglich macht, sondern dazu motiviert. Mischbebauung wurde für sehr wichtig erachtet, um Menschen zum Laufen zu bewegen.

Eine Studie von Rand zeigte, dass Menschen einen hohen Preis für die Zeit zahlen, die sie sitzend in Autos verbringen. Diese Probleme sind keine statistischen Kunstprodukte und bleiben auch unabhängig von anderen Risikofaktoren. Schlichter Bewegungsmangel wurde als wichtigster Punkt angesehen. Dieser Bericht war der vierte, der Auswirkungen bebauter Umgebung auf die Gesundheit untersuchte. Alle kamen zu den gleichen Schlüssen.

"Highlights of Obesity and the Built Environment
Improving Public Health Through Community Design
" [membership required]
Medscape
24 August 2004

and
"Sprawling Communities Can Be a Health Hazard"
Atlanta Journal-Constitution
27 September 2004

Autofahren und Ihr Herz

Zeit, die man sitzend im Verkehr verbringt, steigert das Risiko eines Herzanfalls. Dieser Effekt wurde nicht nur bei Autofahrern, sondern auch in Bussen und sogar bei Radfahrern beobachtet. Der Effekt verschwindet innerhalb einer Stunde, so eine Studie des New England Journal of Medicine. Verkehr zählt nun offiziell zu den bekannten Faktoren, die eine Herzattacke auslösen können. Die Autoren schlossen, dass es wahrscheinlich die Kombination verschiedener Faktoren, wie Stress, Lärm und Luftverschmutzung ist, die zu einem zwei- bis dreifach höheren Risiko führt.

Die Forscher befragten 691 Herzpatienten in Süddeutschland. Sie fanden heraus, dass, je mehr Zeit die Leute in Autos, im ÖPNV oder sogar auf Motorrädern oder Fahrrädern zugebracht hatten, desto grösser das Risko eines Herzanfalls war. Peter Stone, stellvertretender Direktor der Kardiologie am Brigham and Women's Hospital, sagte: "Die Ansicht verbreitet sich, dass die Mehrheit der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Luftverschmutzung cardiovaskulärer Natur sind."

"Don't take traffic to heart, new cardiac study warns" [registration required]
Newark Star-Ledger
21 October 2004

Chinas Strassen: ein Schlachtfeld

Unglaublich: 600 Menschen (und mehr) sterben täglich auf Chinas Strassen, so die WHO (World Health Organization). Diese Zahl ist etwa doppelt so hoch wie von der Regierung behauptet. Die WHO behauptet weiter, dass jeden Tag 45.000 Menschen im Verkehr verletzt werden. Die Agentur warnt vor 1.300 Verkehrstoten täglich wenn China nicht einschneidende Massnahmen ergreift.

Verkehrsunfälle sind in China die Haupttodesursache in der Altersgruppe von 15 bis 45 Jahren. Ein WHO-Bericht nennt den Blutzoll auf Chinas Strassen Teil einer globalen Epidemie von Verkehrsunfällen, der jährlich 1.2 Millionen Menschen zum Opfer fallen.

Amtrak subventioniert den Tod auf der Strecke

In der letzten Ausgabe von Carfree Times bemerkte ich, dass die Amtrak eventuell bald verschwunden sein werde, und dass dies nicht eben ein Grund zur Trauer sei. Im Besonderen bezeichnete ich Amtrak als ein klassisches Beispiel für die Verschwendung öffentlicher Gelder. Seit ich das schrieb ist ein weiteres, schreckliches Beispiel dieser Subventionierung ans Licht gekommen.

Es hat sich herausgestellt, dass Armtrak Freistellungsklauseln in seinen Streckennutzungsverträgen mit den anderen Gesellschaften hat, auf deren Strecken sie fährt. (Amtrak selbst besitzt nur den Northeast Corridor zwischen Boston und Washington). Die Einzelheiten dieses Abkommens sind derart geheim und zeigen derart schonungslos die Art dieses Staatsunternehmens, Verträge abzuschliessen, dass es erhebliche Anstrengungen seitens der New York Times brauchte, um sie aufzudecken.

Im Falle eines Amtrak Unglücks in Crescent City, Florida, wurden 4 Menschen getötet und 142 verletzt. Experten kamen zu der Ansicht, dass die Gleise, im Besitz von CSX, nicht korrekt stabilisiert worden waren und dass die Wartungsaufsicht nur lax gehandhabt worden war. Dennoch kam CSX für keinerlei Entschädigungsgeldern auf - die Zeche zahlte die defizitäre Amtrak. Armtrak selbst hat offenbar keine Vorstellung davon, wie teuer sie dieser Freundschaftsvertrag eigentlich zu stehen kam, doch Recherchen der Times ergaben, dass es seit 1984 mindestens 186 Mill. US-Dollar waren.

Derartiges hat sich in den letzten 30 Jahren wieder und wieder ereignet, und immer zahlte Amtrak, gelegentlich bis zu 10 Millionen US-Dollar. Amtrak zahlt die Strafen der Eisenbahn, doch es kommt noch schlimmer. In einem Fall, in dem ein Richter die Fahrlässigkeit von CSX als "am Rande zur Kriminalität stehend" bezeichnete, musste Amtrak 63.8 Millionen US-Dollar Bußgelder zahlen, die gegen CSX verhängt worden waren. CSX als Unfallverursacher zahlte die Höchststrafe: 20.000 US-Dollar.

Dies Problem ist womöglich die Ursache der hohen Unfallzahlen des Amtrak-Systems - die Güterbahnen verspüren offenbar wenig Anreiz, ihre Schienen in Ordnung zu halten. Ein weiterer Grund, Amtrak dichtzumachen und etwas neues auf die Beine zu stellen.

"Amtrak Pays Millions for Others' Fatal Errors"
"Death on the Tracks" series
NY Times
15 October 2004

Vorteile des Schienenverkehrs

Eine neue Studie des Victoria Transport Policy Institute (VTPI), Kanada, untersucht die Vorteile des Schienenverkehrs. Die Studie untersuchte die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Nahverkehrs in 130 US-Städten und ergab, dass Städte mit guten Systemen
  • weniger pro Kopf-Kosten durch Staus
  • weniger tödliche Verkehrsunfälle pro-Kopf
  • niedrigere pro-Kopf Transportkosten
  • niedrigere Betriebskosten Passgier/Meile
  • höhere Kostendeckung beim Transport
  • höhere pro Kopf-Fahrgastzahlen
  • höheren Pendleranteil anden Fahrgastzahlen
haben als üblich.
Großstädte mit funktionierendem Schienenverkehr haben nur etwa die Hälfte der staubedingten Verspätungen wie Städte ohne. Bewohner dieser Städte fahren weniger pro Jahr und besitzen eine wirksame Alternative zu den verstopftesten Strecken.

Die Studie schliesst, dass die Kosten für Schienenverkehr dadurch mehrfach wieder hereinkommen, dass Staus verringert, Kosten für Strassen und Parksysteme, Verkehrsunfälle und den individuellen Transport verringert werden.

So weit nichts Neues, doch es ist gut, die Zahlen zu haben. Nutzen Sie sie!

Rikscha-Krieg in Dhaka

Die Weltbank ist mal wieder da, diesmal in Dhaka, Bangladesh, einer äusserst armen Metropole von 10 Mio. Einwohnern. Die Bank unterstützt Pläne, als Teil des 'Dhaka Urban Transport Project' Rikschas von den Haupstrassen zu verbannen. Ein weiterer Plan, alles aus dem Wege zu räumen, was den Autoverkehr behindern könnte. Zu gleicher Zeit nötigt die Bank die Regierung von Bangladesh, sie von aller rechtlichen Haftung freizustellen, die aus diesen Plänen erwachsen könnte. Wieder einmal forcieren reiche Menschen, für die das Auto das einzig vorstellbare Fortbewegungsmittel ist, eine pro-Auto-Politik auf dem Rücken armer Menschen, die niemals ein Auto besitzen werden. Es wäre vielleicht besser für uns alle, wenn die Weltbank dichtmachen würde.

"Dhaka's Rickshaws Under Threat"
WorldCarfree.net

Citymaut in Lissabon

Lissabon könnte versuchen, durch eine City-Maut den Treibstoffverbrauch und Staus zu reduzieren. Das System dürfte dem überaus erfolgreichen Vorbild in London ähneln. Der Stadtrat beschloss die Massnahme unter der Bedingung, dass die Einnahmen dem öffentlichen Nahverkehr zugute kommen müssten - wie in London. Der Entwurf hat weit reichende politische Unterstützung und wird wahrscheinlich umgesetzt. Die Regierung möchte eine Steigerung der Nutzung des ÖPNV um 15-20 % in 20 Jahren erreichen, ein vergleichsweise bescheidenes Ziel, insbesondere angesichts des deutlich stärkeren Rückgangs in den letzten 20 Jahren. (Portugals Wirtschaft boomt seit der EU-Mitgliedschaft und der Autogebrauch stieg steil an.)

Lissabon unterstützt Stadtteile, die die meisten oder gar alle Autos aus ihren Strassen verbannen wollen, und zwei nahezu autofreie Bezirke sind in den vergangenen beiden Jahren entstanden. Unglücklicherweise wird nach wie vor ernsthaft der Bau eines Strassentunnels direkt ins Stadtzentrum erwogen.

"Congestion charging for Lisbon"
The News (Portugal)
13 November 2004

Langsam, Kinder!

Eine Abordnung holländischer Schulkinder brachte eine Petition bei der Regierung ein, Massnahmen gegen Raser zu ergreifen. (Die Niederlande haben derzeit keine Rechtsgrundlage, Wiederholungstätern ihre Führerscheine abzunehmen; eine Art "Bezahl und gut ist"-System gilt selbst für die heftigsten Rechtsverstöße).

Die Kinder, inspiriert von einem Fernsehprogramm namens "The Limit", führten ihre eigenen Geschwindigkeitskontrollen durch und ergänzten sie mit Fotos und Zeitungsartikeln. Sie zeigten, dass eine große Mehrheit der Autofahrer in 30-er oder 50-er Zonen zu schnell fahren. Tatsächlich verstiessen 85% der Fahrer in Tempo-30 Zonen gegen das Gesetz. Die Kinder benutzten nur ein paar Messpunkte, Klebeband und eine Stoppuhr um die Geschwindigkeiten festzustellen. Hunderte von Kindern baten das Verkehrsministerium, dass etwas geschehen müsse. Allein 2003 wurden 42 Kinder unter 12 Jahren getötet und 2500 schwer verletzt. In einer solch kleinen Nation sind das eine Menge getöteter und verletzter Kinder.

Tödliche Strassenbahnen

Eine neue Studie über die von Straßenbahnen ausgehenden Gefahren zeigt, dass die Gefahr für einen Radler oder Fußgänger, von einer Strassenbahn erfasst zu werden, extem hoch ist. Viele dieser Zusammenstöße sind tödlich. Das Ergebnis ist der Plan der holländischen Polizei, Strassenbahnfahrer genauer zu kontrollieren. Strassenbahnfahrer fahren im Schnitt während eines Drittels der Fahrzeit zu schnell und nehmen oft Fußgängern an Überwegen die Vorfahrt. Die Fahrer nutzen oft illegalerweise ihre Glocke, um nichtmotorisierten Verkehr, der eigentlich das Vorrecht hätte, einzuschüchtern. Auch Busfahrer begehen solche Rechtsverletzungen. (Es muss festgehalten werden, dass holländische Strassenbahnen durch kein Tempolimit gebunden sind.) In Amsterdam trifft es viele Touristen, die mit der Situation unvertraut sind.

Der Bericht wurde nach einer Studie über 12 solcher Kollisionen in den Niederlanden in der zweiten Jahreshälfte 2001 erstellt. Er rät zu einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h, die auch schon unter den meisten Umständen als gute Lösung bezeichnet habe. Man muss dazu sagen, dass viele Strassenbahnen und Busse (merkwürdigerweise zusammen mit Taxis) eigene Trassen befahren, die scheinbar eine Art Bewusstsein 'Ich-habe-immer-Vorfahrt' erzeugen, was es weder gesetzlich noch in der Realität gibt.

Carfree Cities nimmt eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h für Straßenbahnen an; diese betrachte ich allerdings nur unter idealen Bedingungen als akzeptabel. Diese schliessen Schienenwege ein, die mindestens 3 Meter getrennt voneinander sein müssen, um Menschen davor zu bewahren, versehentlich in einen Zug zu laufen weil ihnen die Sicht durch einen näherstehenden Zug verstellt ist. Nur die U-Bahn ist eine wirklich sichere Alternative.

"Grootste gevaar op weg is tram"
Het Parool
24 Dec 2004

Das Aus für Viseu

Die erst drei Jahre alte Schule für traditionelle Architektur an der Katolischen Universität Viseu, Portugal, wurde in einer Art hinterhältigem Handstreich von Modernisten zu Fall gebracht. Sie war eine der wenigen Schulen für traditionelle Architektur weltweit und ihr Verlust ist ein schwerer. Gründer und Direktor Jose Cornelio da Silva wurde zusammen mit dem gesamten Lehrkörper rausgeworfen. Bewerben Sie sich nicht an diese Schule wenn Sie auf eine Ausbildung in traditioneller Architektur aus sind!
 

Und nun das Wetter

Ganz, ganz schlechte Neuigkeiten über Methan

Der 'Arctic Council' berichtete kürzlich, dass die globale Erwärmung im hohen Norden in der Tat dramatisch sei. Wir haben weltweit Überflutungen, weitreichendes Artensterben und dezimierte Fischfangerträge zu erwarten Allerdings wurde ein noch ernsteres Problem bislang übersehen: Eine Art arktische Zeitbombe in Form der gewaltigen Mengen Treibhausgase, die seit Urzeiten im Schlamm am Meeresgrund eingeschlossen sind. Dieser Schlamm enthält Methan, gebunden in einer Art Eis-Schlamm, der als Clathrat bekannt ist, und zwar mehr als 3000 Mal so viel wie zur Zeit in der Atmosphäre ist. Als Treibhausgas ist Methan mehr als 20 Mal wirksamer als CO2.

Die aufschreckende Aussicht ist die, dass ein Temperaturanstieg um nur wenige Grad diese Gase flüchtig machen und in die Atmosphäre gelangen lassen könnte. Dies würde zu einem Teufelskreis weiteren Temperaturanstiegs und dem Freiwerden von noch mehr Methan führen. Allein in der arktischen Tundra sind etwa 400 Gigatonnen Methan gebunden, und dies allein könnte ausreichen um die Kettenreaktion auszulösen. Die vom 'Arctic Council' vorhergesagte Erwärmung reicht aus, um diese Clathrate aufzutauen und das Methan in die Atmosphäre zu entlassen, worauf eine Erwärmungsspirale in Gang gesetzt werden könnte, die alles übertrifft, was selbst Pessimisten vorhersagen.

Diese Kreislauf hat sich offenbar schon zweimal in der Erdgeschichte ereignet. Das erste Mal war das sog. Paläozän-Eozän Temperatur-Maximum vor 55 Mio. Jahren, als Methan-Ausbrüche einen steilen Temperaturanstieg und massives Artensterben nach sich zogen und das Klima für 100.000 Jahre aus den Fugen geriet. Vor etwa 250 Mio. Jahren löschte eine Serie von Methanausbrüchen nahezu alles Leben auf der Erde aus. Während dieses Vorgangs verschwanden plötzlich 94% aller Meerestiere als der Sauerstoffgehalt abstürzte. 100 Millionen Jahre dauerte es, bis die Ökosysteme der Erde ihre ursprüngliche Artenvielfalt wiedergebildet hatten. Das erste Ereignis wurde offenbar von Co2 aus Vulkanausbrüchen ausgelöst, das die Erde ausreichend erwärmte um schliesslich die Methanfreisetzung und die nachfolgende Erhitzung zu verursachen.

In beiden Fällen reichte eine Erwärmung von 6 Grad Celsius aus, um das Ereignis auszulösen. Dies liegt am oberen Rand des Anstiegs, den Rechenmodelle aufgrund der Verbrennung fossiler Brennstoffe für das Jahr 2100 annehmen. Die aktuelle Erwärmung in arktischen Regionen, die besonders viele Clathrate enthalten, ist in letzter Zeit viel stärker gewesen. Wenn uns dies Monster einmal aus den Händen gleitet wird es nicht mehr zu stoppen sein. Einschneidende Schritte sind unverzüglich notwendig, um zu einer deutlichen Reduktion des C02-Ausstoßes zu kommen. Kyoto war noch nie so nah.

"Ticking time bomb"
Baltimore Sun
15 December 2004

Merkwürdiger CO2 Ausschlag

Ein plötzlicher, unerklärbarer und unvorhergesehener Ausschlag des Co2-Gehalts in der Atmosphäre über die beiden letzten Jahre lässt das Gespenst einer aus den Fugen geratenden globalen Erwärmung erscheinen. Experten sind ratlos und sagen, dass eventuell die natürlichen Systeme der Erde nicht mehr in der Lage sind, so viel CO2 zu absorbieren wie in der Vergangenheit. Bis vor kurzem stieg das CO2 in der Atmosphäre um 1,5 ppm im Jahr an, sprang jedoch um 2,08 bzw. 2,54 ppm in 2002 und 2003 in die Höhe. Es gab keine Anzeichen für einen dramatischen Zuwachs beim Verbrauch fossiler Brennstoffe.

In der Vergangenheit gab es für solche jährlichen Anomalien Erklärungen wie El Niño. Der Nestor der Klimaforschung, Charles Keeling, sagte:"Der Anstieg um über zwei ppm in zwei nacheinander folgenden Jahren ist wirklich ein Phänomen. Möglicherweise ist dies wirklich nur auf natürliche Vorgänge zurückzuführen, wie frühere Spitzen, aber es könnte auch der Beginn einer Entwicklung sein, die noch niemals da war." Nach Analystenmeinung ist es aber derzeit zu früh, um langfristige Schlussfolgerungen zu ziehen.

Die CO2-Werte in Australien und am Südpol waren etwas niedriger, so dass es scheint, als wäre etwas Ungewöhnliches in der nördlichen Hemisphäre vorgefallen. Möglicherweise können der extrem heisse Sommer und Waldbrände den Anstieg erklären.

"Climate fear as carbon levels soar
Scientists bewildered by sharp rise of CO2 in atmosphere for second year running"
The Guardian
11 October 2004

Frösche am Rande des Abgrunds?

Das massenhafte Aussterben von Fröschen und anderen Amphibien ist der Vorbote des globalen Klimawandels. Warum wissen wir nicht einmal genau. 500 Wissenschaftler aus 60 Nationen veröffentlichten eine globale Artenuntersuchung in Science.

Von den 5743 bekannten Amphibienarten sind 32% vom Aussterben bedroht. Ein vermuteter Grund ist die Zerstörung ihrer Lebensräume, doch anderes wird lediglich einem "rätselhaften Niedergang" angekreidet. Erkrankungen und der Klimawandel sind die meistgenannten Gründe.

"World's green markers on the brink"
The Age
16 October 2004
and
"The polluted planet
Alarm as global study finds one-third of amphibians face extinction"
The Independent
15 October 2004

Verschwindende Gletscher

Eisfelder schmelzen derartig schnell dahin, dass sie innerhalb 100 Jahren verschwinden werden, inklusive eines deutlich steigenden Meeresspiegels. Sogar die höchstgelegenen Eisfelder schmelzen. Für Chinas Ökosysteme wäre das Schmelzen der Himalaya-Gletscher ein Desaster. In den vergangenen 24 Jahren sind die 46.298 Gletscher des Landes um 5,5 % geschrumpft, jedes Jahr mit deutlich zunehmender Tendenz. Es wird angenommen, dass das Schmelzwasser eine Rolle bei den schweren Überflutungen des Jangtse-Flusses spielt. Mit der heutigen Rate werden 65% von Chinas Gletschern um 2060 verschwunden sein und um 2100 alle. Das Ende der Gletscher wird zur Zerstörung der Gebirgs-Ökosysteme und zu verstärkter Wüstenbildung führen.

"Highest icefields will not last 100 years, study finds
China's glacier research warns of deserts and floods due to warming"
The Guardian
24 September 2004

Heftigere Wirbelstürme

Eine neue Computeranalyse zeigt deutlich die starke Zunahme der Stärke und des Regens bei Wirbelstürmen der letzten Jahrzehnte. Die Studie vom US Commerce Department's Geophysical Fluid Dynamics Laboratory siedelt die Zunahme bei einem halben Skalenpunkt auf der Fünf-Grad Stärkeskala für Wirbelstürme an. Ursache sind erwärmte Weltmeere. Steigende Meeresspiegel werden Küstenschäden weiter verstärken.

Die Studie wird als verlässlicher angesehen als frühere, weil sie unterschiedliche Computersimulationen verschiedener Forschungsgruppen aus aller Welt benutzt. Nahezu alle Kombinationen der Treibhauserwärmung und der Formeln für Sturmdynamiken erbrachten das selbe Resultat: Stärkere Stürme und mehr Regenfälle.

"Global Warming Is Expected to Raise Hurricane Intensity"
NY Times
30 September 2004

The full study, published by The Journal of Climate,
is available on line [PDF].

Klimaprobleme durch Windenergie

Computersimulationen zeigten, dass der Masseneinsatz von Windmühlen deutliche Temperaturänderungen nach sich ziehen könnten. Dies stellt die bisherige Annahme, die Windkraft sei klimaneutral, in Frage. Sollte ein Zehntel der heutigen Energie durch Windkraft erzeugt werden würde die Arktis abkühlen und das südliche Nordamerika sich erwärmen. Die Mechanismen sind unklar, doch sie scheinen den Wärmefluss von den Äquatorialregionen zu den Polen zu unterbrechen. Es scheint keine Rolle zu spielen wo die Windparks liegen.

Ein anderes neues Papier überraschte die Welt, in dem gezeigt wurde, wie eine simulierte Windfarm in Oklohama mit 10.000 Windrädern die Temperaturen in Bodennähe während der frühen Morgenstunden um mindestens 2 Grad Celsius in die Höhe treiben konnte. Eine frühere Studie berichtete von einem gemessenen Anstieg bei einem Windpark in Kalifornien. Der Effekt kommt durch vertikale Wirbel, die durch sehr hohe Windräder verstärkt werden, zu Stande.

"Wind power not all pleasant breezes"
Globe and Mail
9 November 2004

Kyoto-Protokoll angenommen, endlich

Die russische Regierung hat das Kyoto-Protokoll ratifiziert und wird es diesen Winter in Kraft setzen. Die EU hatte Russland gedrängt, dem Abkommen beizutreten. Bush & Co. bleiben standhaft in ihrer Gegnerschaft zu dem Abkommen, das die USA nicht betreffen wird. Die USA haben schockierende 36% der Emissionen seitens der Industrienationen zu verantworten.

Die 36 Industrienationen sollen Ihre Emissionen von sechs verschiedener Treibhausgase bis 2012 reduzieren. Die Reduktionsrate soll durchschnittlich bei 5% im Jahre 2012 liegen, gemessen am Level von 1990, das bisher von den Industrienationen weit überschritten wurde. Schwellenländer wie China sollen ihre Emissionen nicht verringern müssen.

Wie das Montrealer Abkommen, das endlich zu gewaltigen Verringerungen der ozonschädigenden FCKWs führte, setzt das Kyoto-Protokoll, nachdem die Notwendigkeit zu durchgreifenden Einschnitten sich gezeigt hat, einen Mechanismus für zukünftige Quotenbeschränkungen in Kraft.

USA schaffen es nicht, Klimaschutzvereinbarungen auszuhebeln

Die Nationen weltweit wehrten jüngst einen Versuch der USA ab, Rahmenvereinbarungen zum Klimaschutz zu untergraben. Unterhändler waren über die Entschlossenheit der USA und der ölproduzierenden Länder, zukünftige Verhandlungen zu verhindern, entsetzt.

Die Konferenz wurde um 36 Stunden verlängert und die Delegierten stimmten schliesslich einem Kompromiss zu, der ein völliges Scheitern verhinderte und die Gespräche weitergehen lassen soll. Der Prozess soll eine Strategie für die Zeit nach 2012 entwickeln helfen.

Die schändliche US-Vorstellung ist ein Schlag ins Gesicht von Bush, der noch 2001 einwilligte, keine anderen Länder am Treffen von Vereinbarungen zu hindern. Man hatte sich lediglich deswegen darauf eingelassen weil man annahm, das Kyoto-Protokoll sei tot - bis Russland es annahm.

Umweltschützer sagen nun, dass die Bush-Regierung wohl alles tun dürfte um weitere internationale Massnahmen zu sabotieren. Offenkundig schert Bush sich nicht um den internationalen Aufruhr, der sich abzeichnet. Die Konferenz in Buenos Aires war als harmonisches Routinetreffen erwartet worden, auf dem im November Verhandlungen über die Weiterführung von Kyoto vorbereitet werden sollten. Doch die USA stellten sich rigide gegen weitere Routinetreffen in Vorbereitung der großen November-Konferenz. Die USA gingen sogar so weit, eine Forderung Saudi-Arabiens zu unterstützen, nach der die ölproduzierenden Staaten Milliardenzahlungen als Kompensation für weniger verbrauchtes Öl erhalten sollen.

"US Fails in Bid to Kill Off Kyoto Process"
Common Dreams, first published in the Independent/UK
19 December 2004

 

Der Öl-Bericht

Brennstoffzellen. . . entlarvt

Der einzigartig hohe Wirkungsgrad, der allgemein der Brennstoffzelle zugeschrieben wird, scheint ein Mythos zu sein. Daher könnte Wasserstoff als Ersatz für Öl eine weit weniger interessante Alternative sein als allgemein angenommen.

Ein neuer Bericht untersuchte den Wirkungsgrad von Brennstoffzellen im allgemeinen, und den von PEM (proton exchange membrane) Brennstoffzellen im Besonderen, da auf diesen der Schwerpunkt des Interesses liegt. Ein Wirkungsgrad von "nahezu" 83% wurden gelegentlich für möglich gehalten. Dies ist allerdings nur ein theoretischer Wert. Wenn man Zuladungen, die für den Fahrbetrieb notwendig sind, betrachtet, sinkt der Wirkungsgrad auf 40% und niedriger. Dies liegt tatsächlich ziemlich nahe bei dem Wirkungsgrad moderner Dieselfahrzeuge (deren Wirkungsgrad theoretisch auch bei dem der Brennstoffzelle liegt).

Brennstoffzellen für den Fahrzeugeinsatz erreichen theoretisch einen Wirkungsgrad im Bereich von 37% bis 67%, doch dies betrifft nur die chemo-elektrische Konversion. Betrachtet man die elektro-mechanische Effizienz, sinkt die Wirkung auf 14% bis 34%, die erheblichen Verluste noch ausser Acht gelassen, die entstehen wenn Primärenergie zu Wasserstoff gewandelt wird.

Die Fürsprecher der Brennstoffzelle erwähnen gerne die höchste chemo-elektrische Wirkung (d.h. bei niedriger Ladung) und vergleichen diese mit der Wärme-Effizienz (chemical-to-motive power) eines konventionellen Verbrennungsmotors. Der durchschnittliche Wirkungsgrad der einzigen derzeit verbreiteten Brennstoffzelle (der PC 25 von UTC Fuel Cells) beträgt nur 35% chemo-elektrisch.

Ein Hybrid/Verbrennungs-System, betrieben mit Methan oder Alkohol, erreicht in etwa den gleichen Wirkungsgrad wie der Brennstoffzellenantrieb. Fahrzeuge mit Diesel- oder Hochdruck-Alkoholantrieb haben sehr hohe Wirkungsgrade gezeigt. Das Toyota ES3 diesel-electric hybrid concept vehicle erreicht eine Wirtschaftlichkeit von 103 MPG. (Volkswagen hat einen Normaldiesel im Strassentest, der 235 MPG erreicht.)

"Fuel Cell Efficiency: A Reality Check"
EV World
5 August 2004

Trockene Löcher

1992 gab die norwegische Ölgesellschaft Statoil beinahe ein Offshore-Fördergebiet auf nachdem zwei Probebohrungen erfolglos geblieben waren. Bei Erschliessungskosten von 15 Millionen US-Dollar pro Quelle wurde das Management nervös und war eher geneigt, aufzugeben, doch ein drittes Bohrloch gab Öl und öffnete ein neues Feld mit etwa 550 Millionen Fass Öl. Dies war das Norne-Feld, der letzte große Crude-Öl-Fund in Norwegen. In den vergangenen elf Jahren seitdem wurde eine ganze Menge Erdgas gefunden, doch kaum noch Öl.

Und dies gilt für weite Teile der erschlossenen Welt. Westlichen Ölgesellschaften gehen mehr und mehr die vielversprechenden Schürfungen aus, bedeutende Neufunde werden seltener. Die am besten zugänglichen Regionen wurden schon vor langer Zeit in Aussicht genommen (ausgenommen aus Umweltgründen gesperrte Gebiete). Erkundungstrupps stoßen in härtere, abgelegenere und weniger aussichtsreiche Gegenden vor, mit höheren Kosten und ärmlichen Gewinnen. Selbst bei historisch hohem Ölpreis sind diese Projekte unattraktiv, da die Industrie fallende Preise fürchtet. Sechs der zehn größten Ölgesellschaften haben ihre Erkundungs-Budgets seit 1998, als sie noch 11 Milliarden US-Dollar ausgaben, auf 8 Milliarden gekürzt. Die Zahl der betriebenen Ölquellen fiel 2003 in den OPEC-Nationen um 6.5% vom vorhergehenden Jahr. Allein Exxon-Mobil, BP, und Shell müssen 4,4 Milliarden Fass Öl neu entdecken, um nur die aktuelle Fördermenge zu erhalten.

Viele Gesellschaften legen Ihre Hauptanstrengung darauf, das letzte Öl aus den Feldern herauszuwringen und nicht, neue zu ergattern. Die Investionen in bestehende Felder stiegen beträchtlich. Die zehn großen Gesellschaften gaben 2003 50 Milliarden US-Dollar aus, ein Mehr von 42% gegenüber 1998. Manche erwarten einen Anstieg der weltweiten Förderkapazität um 21% bis 2010, die dann 103 Millionen Fass/Tag erreichen würde.

Obwohl die russische Förderung in den vergangenen fünf Jahren stark gestiegen ist hat sie doch nie die Spitzenmengen aus sowjetischen Zeiten erreicht. Neueste Erkundungen verliefen enttäuschend. Es hat nur wenige große Erfolge gegeben, wie das Kashagan-Feld im Jahre 2000, das mit 10 bis 30 Milliarden Fass der größte Fund war.

"New oil proves elusive, and alarm bells ring"
International Herald Tribune
7 September 2004

 

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