Carfree Times

      Ausgabe 40

1. September 2005     
 
Tonmodell
Tonmodell
Towards Carfree Cities V
Budapest, Juli 2005

Bekanntmachungen

Lektor gesucht!

Die Arbeit am Carfree Design Manual geht gut voran. Ich werde es hoffentlich Ende des Jahres an den Verlag senden können. Der erste Entwurf ist bis auf zwei Kapitel vollständig. Ich suche dringend jemanden, der für dies Buch das leistet, was Marti Frank für das letzte tat: Er half mir bei einer großen Durchsicht bevor die Schlussarbeiten beginnen. Wenn Sie die (sehr seltene) Fähigkeiten für so etwas besitzen und an diesem Projekt interessiert, senden Sie bitte eine Mail.

Unterstützung von Carfree.com

Die Spenden zur Unterstützung des Servers reichen nun für die nächsten beiden Jahre. Diese Unterstützung zeigt, dass die Menschen wirklich schätzen, was ihnen auf dieser Webseite geboten wird. Dank an alle!

Weitere Details auf der Unterstützer-Seite.

Terrence "Lee" Zehrer kam für Juli bis Dezember 2005 auf.
Zwei anonyme Spender zahlten für Januar bis April 2006.

Französisch

Die Einführungsseite bei Carfree.com steht nun auch auf Französisch zur Verfügung. Dank an Évan Monroig für die Übersetzung.

Carfree Cities Verfügbarkeit

Sowohl die gebundene als auch die Paperback-Ausgabe von Carfree Cities sind weithin erhältlich, allerdings wird die gebundene Ausgabe langsam knapp. Details auf der Bestellseite.

World Carfree Network

Towards Carfree Cities V

In Budapest fand im Juli 2005 die Konferenz Towards Carfree Cities V statt, die fünfte Konferenz dieser Art in Folge, organisiert vom World Carfree Network. Die diesjährige Konferenz war gut besucht. Ungarns 'Clean Air Action Group' leistete großartige Arbeit bei der Unterbringung und Organisation der Konferenz.

Normalerweise hätte ich einen ausgedehnten Bericht über die Konferenz gegeben, doch ich war dieses Jahr fast die ganze Zeit mit dem Modell-Projekt beschäftigt und habe nur wenige der Präsentationen besuchen können. Das Programm und viele Präsentationen kann auf der World Carfree Network Webseite nachgesehen werden.

Bogotá's Fundación Ciudad Humana wird TCFC VI im September 2006 durchführen.

 

New Orleans zerstört

Es scheint als ob New Orleans durch den Hurrikan Katrina völlig zerstört wurde. Der Bürgermeister hat die Evakuierung der letzten Anwohner angeordnet. Das Ereignis wird mehr Geld kosten als die Angriffe des 11. September und die Verluste an Menschenleben werden ähnliche Dimensionen erreichen. Die Frage ist, wie es nun weitergehen soll.

Ich lernte New Orleans in den frühen 80er Jahren kennen, als ich dort als Flutberater arbeitete. Ich mag die Stadt sehr und das berühmte French Quarter ist einzigartig in Nordamerika.

Etliche Leute, die etwas von Überflutungsproblemen verstehen, stellen die Frage, ob die Stadt überhaupt in großem Maßstab hätte besiedelt werden dürfen. Die Risiken wurden nicht ignoriert und es wurden gewaltige Summen dafür aufgewendet, um die Stadt jahrzehntelang zu schützen. Das meiste scheint nun vergebens gewesen zu sein. (Bush hat allerhand Geld für Deicharbeiten zurückgehalten, doch das dürfte die Balance nicht gestört haben - ein paar Jahre geringer Vernachlässigung dürften nichts ausgemacht haben. Was wirklich gefehlt hat war ein Plan, die armen Menschen mittels Bussen zu evakuieren - ihre Notlage wurden schlicht ignoriert, und es dürften vor allem die Armen ums Leben gekommen sein.)

Gegenwärtig liegt die Stadt deutlich unter dem Meeresspiegel und ist von allen Seiten von Wasser umgeben, das gut auf Meeresspiegelhöhe steigen kann, 10m oder mehr. Der Meeresspiegel steigt, das Mississippidelta verschlammt, die südlichen Tiefebenen erodieren und der Klimawandel verstärkt Häufigkeit und Intensität von Wirbelstürmen. Eventuell wird die Gegend unbewohnbar werden. Jetzt ist die Zeit, die Stadt an einen anderem Ort zu bauen nicht erst nach der nächsten Flut. Der Zeitraum bis zur nächsten Katastrophe wird womöglich kürzer sein als der letzte (78 Jahre). Kein Geld der Welt wird diese Gegend vor Flutkatastrophen wirklich schützen können.

Letztendlich ist eine Verlaufsänderung des Mississippi überfällig, die sein Bett 60 Meilen westlich von New Orleans, durch Morgan City, verlagern wird. Dies würde New Orleans raison d'être: ändern: Als Umschlaghafen zwischen Mississpippi und dem Ozean. Der Fluss "will" seit Jahrzehnten dem Verlauf des Atchafalaya River folgen, und die Verlegung wurde schon vor 20 Jahren als unausweichlich angesehen. Nur massive Ausgaben für Deiche, Strömungskontrollen und Ausbaggerung haben den Fluss durch New Orelans fliessen lassen.

Unglücklicherweise wird das Ergebnis dieser Tragödie, so wie es jetzt aussieht, der Beginn der nächsten sein. Die Stadt wird vermutlich an ihrem gegenwärtigen Ort wieder aufgebaut werden, wo sie gefährdet bleibt, egal was sonst noch unternommen wird.

Man sollte New Orleans statt dessen besser auf höheres Terrain und weiter vom Mississippi entfernt wieder aufbauen. Die geeignetsten Flächen sind vermutlich nördlich des Lake Ponchartrain, der vom gegenwärtigen Ort recht weit entfernt ist. Einige Gewerbe, wie die Touristenbranche, die derzeit im romantischen French Quarter zu Hause ist, werden wohl am gegenwärtigen Platz bleiben. Doch vermutlich werden die Wohn- und Gewerbegebiete irgendwo anders, in günstigem Abstand zu Fluss und Meer, verlegt. Dies würde letztendlich die katastrophalen Überflutungen beenden, die sie regelmäßig heimsuchen.

Mit dem Management solcher Katastrophen ist die Federal Emergency Management Agency (FEMA) betraut,die auch die Ermächtigung besitzt, Städte nach Flutkatastrophen umzusiedeln. Ob dies auch im Falle einer Großstadt wie New Orleans der Fall ist kann z.Z. nicht gesagt werden, doch die Möglichkeit besteht durchaus.

Sollte New Orleans, eine Stadt von 1.3 Millionen Einwohnern, andernorts wieder aufgebaut werden, sollten wir die Idee rüberbringen, dass eine neue autofreie Stadt weniger Kosten verursachen und weniger Treibhausgase emittieren würde als jede andere Alternative, die man ins Auge fassen könnte.

New Orleans, insbesondere das alte French Quarter war wohl die interessanteste Stadt in ganz Nordamerike. Ihr Verlust wäre erheblich und vielleicht können einige ältere Bereiche, die aus gutem Grund höher gebaut sind, erhalten werden. Doch für eine große Stadt ist dies nicht wirklich ein guter Standort.

Meine Gedanken sind bei den leidenden Menschen von New Orleans.

Kurznachrichten

 

Wie sicher ist der Nahverkehr?

Das überaus produktive Victoria Transport Policy Institute hat schon wieder eine neue Studie veröffentlich. Dies befasst sich mit dem Gesamtaspekt der Sicherheit im öffentlichen Verkehr. Sie untersuchte alle Risiken, einschliesslich terroristischer Angriffe. Die Studie ermittelte, dass der öffentliche Nahverkehr eine extrem sichere Fortbewegungsart ist, dessen Todesrate pro Passagier und Meile nur etwa ein Zehntel des Autoverkehrs entspricht.

Die Studie sollte einem Anstieg 'gefühlter' Gefährdung entgegenwirken, die von den Terroranschlägen Londen diesen Sommer herrühren. Die Bürger sollten gegenüber der terroristischen Bedrohung nicht überreagieren und ihr Verhalten auf eine Weise ändern, das ihr Risiko noch erhöht.

Free London for Kids

Ken Livingstone, Erfinder der Londoner City-Maut, ist wieder da. Dies Mal mit freier Fahrt in den Londoner Bussen für Kinder unter 16 Jahren. Der 70 Mio. Pfund teure Plan wird junge Menschen an den öffentliche Nahverkehr gewöhnen bevor sie den Führerschein machen. Die Auslastung der Busse wird um 20% steigen. Eine Smart-Card ist erforderlich, um kostenlos zu fahren und Mißbrauch wird zum Verlust dieser Berechtigung führen. Im nächsten Jahr soll die Regelung auf Personen unter 18 und solche in Vollzeit-Ausbildung ausgedehnt werden.

Livingstone sagte: "Dies ist ein Geschenk Londons an die junge Generation, damit sie rauskommen und die Stadt erkunden können... damit werden Londons Bemühungen fortgesetzt, vom Auto weg zu kommen. Auch sollten Staus, Luftverschmutzung und Unfälle auf dem Schulweg dadurch verringert werden."

Kate Green von der 'Child Poverty Action Group' sagte: "Dies ist ein wirklich radikaler Schritt. Es sind typischerweise die Familien mit niedrigem Einkommen, die einen verhältnismäßig hohen Anteil ihres Einkommens für Nahverkehr aufwenden müssen und dieser Schritt wird vielen von ihnen direkt zu Gute kommen."

Stau in Shanghai

in den 1990er Jahren entwickelte Schanghai Pläne, die Stadt von Grund auf neu zu bauen. Das Haupttransportmittel waren damals Fahrräder und die Planer versuchten, die beiden Reiter der automobilen Apokalypse, Stau und Gestank, zu vermeiden. Enorme Summen wurden für Brücken, Hochbahnen und neue Metrolinien ausgegeben.

Heute allerdings scheint Schanghai den Verwüstuungen des Autos erlegen zu sein, und Stau ist der Normalzustand. Der Wohlstand hat einen unstillbaren Hunger nach Autos und Öl mit sich gebracht. Chinas höchste Umweltbeamte haben vor einer wirtschaftlichen und ökologischen Katastrophe gewarnt wenn China nicht seinen Kurs ändert. In großen Städte verursachen Autos 70 - 80% der Luftverschmutzung, bislang sieht es nicht danach aus, als ob irgendetwas die aufsteigende Auto-Kultur stoppen oder auch nur verlangsamen könnte. Die Zulassungsgebühren haben sich seit 2000 auf etwa $4.600 verdoppelt, ohne sichtbare Wirkung.

Schanghai hat die schnellste Bahn der Welt gebaut, mit der man den neuen Flughafen in 10 Minuten erreicht. Die U-Bahn wurde um 200 Meilen ausgebaut. Doch nach wie vor gerät der Verkehr völlig außer Kontrolle, da die Autoflotte zweimal so schnell wächst wie angenommen. Li Junhao vom städtischen Planungsbüro sagte: "Die Entwicklung Schanghais läuft ausserhalb unserer Vorstellungskraft." Verkehrsmengen, die man in 15 Jahren erwartete, wurden in wenigen Monaten nach Eröffnung neuer Strecken erreicht.

Trotz gewaltiger Ausgaben für öffentlichen Nahverkehr sind die Ergebnisse aufgrund von Fuhrpark-Engpässen enttäuschend. Die Verstopfung der U-Bahn ist zu Stoßzeiten fast so schlimm wie auf den Straßen und der U-Bahn-Ausbau liegt unter den Vorausberechnungen. Ich habe immer gesagt, dass öffentlicher Nahverkehr danach streben sollte, Sitzplätze für alle zur Verfügung zu stellen, selbst im Berufsverkehr. Hört eigentlich irgendwer zu?

Das wirkliche Übel ist aber wohl der Konsum amerikanischen Zuschnitts, der Autobesitz mit Freiheit, Ansehen und Erfolg gleichsetzt.

"Shanghai Journal; A City's Traffic Plans Are Snarled by China's Car Culture"
NY Times
12 July 2005
Dank an Carlos F. Pardo, der dies gefunden hat.

Deutschlands Probleme mit Fußgängerzonen

In Deutschland wurden im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Weltkrieg in vielen Städten Fußgängerzonen eingerichtet und diese wurden zu einem Symbol von Deutschlands wirtschaftlicher Erholung. Einige dieser Straßen waren einfach nur für Autos gesperrt, doch viele wurden extra als solche entworfen, mit Grünflächen und Wasseranlagen. Diese Bereiche sind seitdem die Herzen dieser Städte geworden, doch der Verfall setzte ein, oder zumindest scheinen das einige zu glauben.

Für viele Deutsche sind diese Straßen seit sie denken können das gewesen "wo man hingeht". Nun wachsen die Sorgen wegen der Obdachlosen, die in den Straßen betteln. "Billigläden vertreiben alteingesessene Geschäfte, während Obdachlose sich vor dem Rathaus um 10 Uhr früh zum ersten Bier treffen", stöhnt die 'Deutsche Welle'. Doch seit wann vertreiben "Billigläden" gut gehende und profitable Geschäfte? Was geht hier wirklich vor?

Fußgängerzonen am Wochenende wimmeln offenbar vor Käufern, doch die Gebäude zeigen ihr vorgerücktes Alter und die sterile Architektur der 50er Jahre ist in die Jahre gekommen. Sie sind nicht mehr "wo man hingeht". Das Problem ist scheinbar weit verbreitet.

Mir scheint, dass das Problem ganz einfach ist: In dem Maße, in dem die Geschäfte immer weniger und immer größer wurden, verliessen sie die beengten und teueren Viertel im Stadtkern und zogen in Verkaufscenter am Stadtrand, ein Problem, das reiche Gegenden weltweit heimsucht. Wie wäre es mit einem Examensthema für einen Stadtplanungs-Studenten: Was ist in Deutschlands Fußgängerzonen geschehen und warum?

"The Demise of Germany's Pedestrian Zones"
Deutsche Welle
28 June 2005

Autofreies Malta?

Vielleicht bekommen wir bald die erste autofreie Nation. Im Inselstaat Malta spricht man davon, ein Schienensystem zwischen den beiden Inseln zu bauen. Züge könnten Autos und Busse ersetzen. Harry Vassallo von der Malta Times drückte es so gut aus, dass ich ihn in voller Länge zitieren möchte:
Zu Beginn sollten wir uns klarmachen, dass Malta lediglich 17 Meilen lang und Gozo wesentlich kürzer ist. Unsere meisten Ziele sind in fußläufiger Entfernung, wollten wir uns nur daran erinnern, dass wir Beine haben, dass es sicher sei, sie zu benutzen und ob unsere Straßen nicht nur eine schmutzige Bedrohung unseres weiteren Daseins sind.

In den vergangenen 5 Monaten bin ich dazu übergegangen, ein Fahrrad zu benutzen und habe das Vergnügen entdeckt, mich ohne Parkplatzsorgen fortzubewegen. Sanft hinter den gestauten Verkehrsteilnehmern in ihren teuren, beräderten Öfen her zu fahren macht das Vergnügen noch größer. Es ist ein fahren ohne Schweiß, ohne Abgase, da das Fahrzeug elektrisch betrieben ist. Meistens bin ich zu früh bei Verabredungen, weil ich noch immer die Zeit veranschlage, die ich mit dem Auto benötigt hätte und dabei vergass, dass ich nun immun gegen Staus bin und keine Zeit mehr darauf verschwenden muss, mein geparktes Auto wiederzufinden oder irgendwo abzustellen. Beachtet der Halcrow-Bericht die eigentlich Tatsache, dass Fahrräder auf Malta perfekt sind? Wurde danach überhaupt gefragt?

Was ist mit den Fussgängern? Belohnen wir Leute, die zu Fuß gehen und uns die Kosten ersparen, die entstünden, wenn sie ihr Hinterteil in dem absurden Irrsinns eines Autos transportieren liessen? Wie sehen die Fußwege aus? Welchen Vorrang erhalten sie vor den Luftverpestern? Nehmen sie irgendeine unser städtischen Umgehungsstraßen; wieso eigentlich müssen die Fußgänger unter die Erde? Warum nicht der Motorverkehr? Fußgängertunnel sind insbesondere bei älteren Menschen ausserordentlich unbeliebt und sie sind die häufigsten Verkehrsopfer, wenn sie sie meiden.

Hat eigentlich irgendeine örtliche oder Regierungsbehörde die Erklärung von Florenz durchgesetzt und den Luftverschmutzern das Vorrecht eingeräumt? Erst Fußgänger, dann Radfahrer, dann Elektrofahrzeuge, dann öffentlicher Nahverkehr und zuletzt die unvermeidliche private Fahrzeugflotte. Wäre das denn wirklich so schwer?
. . . .

Wenn wir wirklich in großen Maßstäben denken wollten, könnten wir planen, Malta zu Europas erstem autofreien Land zu machen. Allein das Potenzial der Tourismuswerbung wäre ausreichend. Wir könnten wenn wir nur wollten. Alle Probleme, die es mit sich brächte, wären lösbar. Im Moment geben wir mehr Geld aus als nötig wäre, sie alle zu bewältigen. Welches Kapital wird allein für unsere teuren 260.000 Status-Symbole aufgewendet? Bei 5.000 £M pro Stück übersteigt es mit 1.3 Milliarden £M sogar unsere Staatsverschuldung. Sind wir denn eigentlich verrückt?

Nun, zumindest ist ein Typ auf Malta definitiv nicht verrückt.
Würden wir die Gesundheitskosten durch die enorme Luftverschmutzung in Acht nehmen, die Kosten endloser Straßenarbeiten, die verpasste Gelegenheit, unseren Gästen herausragende Luftqualität bieten zu können, die Kosten des Stresses, den der Straßenverkehr unserem Leben zufügt, anstatt Busbesitzern zu Willen zu sein, so erschienen alle diese Zukunftsvisionen als attraktive, vernünftige Entscheidung. Wir könnten längst für 2020 eine unterirdische Eisenbahn nach Gozo planen statt nur die Busse bis 2014 fahren zu lassen. Öffentlicher Nahverkehr könnte zu einem begeisternden Thema der öffentlichen Diskussion werden anstatt nur zu einem "weiter so" mit Bussen.
Ich sage nur : "Viel Glück!"

"Seeing past the smoking buses"
The Times (Malta)
26 August 2005

Autofreie Welt (Nur für Reiche)

Der TEN Führer (Vereinigte Arabische Emirate) berichtet in The World:
Die Gesellschaft, die uns Palm Islands brachte, Al Nakheel Properties, hat ihr Portfolio in Dubai um künstliche Inseln in Gestalt der Kontinente erweitert. Die Welt wird aus 250 bis 300 kleineren privaten Eilanden bestehen, die in vier Kategorien eingeteilt sein werden - Privathäuser, Eigenheime, Traumresorts und Gemeinschaftsinseln. Die Inseln werden zwischen 20.000 und 80.000 qm Grundfläche haben und durch 50 bis 100 m breite Wasserstraßen von einander getrennt liegen. Die Erschließung umfasst ein Gebiet von 9 km Länge und 6 km Breite, umgeben von einem Oval aus Wellenbrechern. Das einzige Transportmittel zwischen den Inseln werden Boote sein.
Ja, es ist autofrei. Nein, es ist nicht einmal annähernd nachhaltig. In dieser Bebauung werden Autos durch Boote ersetzt. Oder eher durch Yachten. Große Yachten, mit großen, durstigen, lärmenden, stinkenden Dieselmotoren.

Und, ja, dies zeigt wieder einmal, dass die Leute, deren Geld es ihnen erlaubt zu leben wo immer sie möchten, so weit von den Autos weg ziehen wie es geht.

"The World Islands"
TEN Guide
Undated but recent

Parry People Mover
PPM 30 on the Track
Photo © Parry People Movers Ltd

Es gibt bereits drahtlose Straßenbahnen

Ich habe gelegentlich zur Entwicklung 'drahtloser' Straßenbahnen aufgerufen, (d.h., Straßenbahnen ohne Oberleitungen). Ich habe das Produkt von Parry People Movers übersehen.

Parry baut Hybrid-Straßenbahnen mit vergleichsweise einfacher Technologie seit dem ersten Prototyp von 1991. Die Fahrzeuge wurden in verschieden engen und normal ausgebauten Stadtgebieten in England eingesetzt, meistens zu Testzwecken doch in Stourbridge auch im öffentlichen Verkehr.

Erfahrungen im Betrieb und die Verlässlichkeit werden als ausgezeichnet beschrieben. Passagiere vergleichen sie oft mit einer elektrischen Straßenbahn und fragen sich, wo die Leitungen sind. Der Trick besteht in leichtem Gewicht und einem schwungradgetriebenen Hybridantrieb, der die Beschleunigung verstärkt und Bremsenergie speichert. Ein kleiner Verbrennungsmotor sorgt für den Antrieb.

Parry People Mover
Sharing Track with Heavy Rail
Photo © Parry People Movers Ltd

Die üblichen Debatten über leichte und schwere Schienenfahrzeuge sind ausgebrochen, in denen über Sicherheitsbedenken von Fall zu Fall entschieden wird. Verkehrsbehörden sind allerorten besorgt über gemischten Betrieb von leichten und schweren Schienenfahrzeugen auf gleichem Gleis. In Deutschland wurden Systeme eingeführt, auf denen zwei Typen Fahrzeuge auf dem gleichen Schienenstrang entweder räumlich oder zeitlich voneinander fern gehalten werden. Unter den Regeln der Federal Railroad Administration (FRA) ist solcher Betrieb schlicht unmöglich.

Die Betriebsgeschwindigkeit ist für das zweiachsige Fahrzeug auf etwa 50 km/h begrenzt; eine Drehgestell-Version mit max. 80 km/h wird gerade entwickelt. Die Beschleunigung beträgt 1m/sec, was etwa der moderner Straßenbahnen entspricht obwohl sie leicht unter der des berühmten PCC-Wagens von 1935 liegt.

Parry People Mover
Schwungrad in der Mitte sichtbar
Photo © Parry People Movers Ltd

Ein großes, vergleichsweise langsam drehendes Schwungrad wurde benutzt um die Technik einfach zu halten. Parry behauptet, dass dieses für ein robustes und einfach handzuhabendes Fahrzeug sorgt, das dennoch wirtschaftlich zu betreiben ist. Die Fahrzeuge enthalten keinerlei elektrische Bauteile im Antrieb. Die Technologie wurde ursprünglich für städtischen Nahverkehr in Afrika und Asien entwickelt und dies ist auch nach wie vor das Ziel Gleichzeitig erlaubt der Gebrauch des Schwungrades das Speichern von Bremsenergie und spart 30% der gesamten Energie im Kurzstreckeneinsatz.

Auch wenn dies Fahrzeug noch als im Entwicklungsstadium befindlich angesehen werden muss scheint es, als ob die größten Hindernisse überwunden seien. Es interessant, dass sich jemand auch einmal mit dem Gewicht von Schienenfahrzeugen auseinander setzt. Dies Problem ist seit 1920 bekannt, doch scheinbar hat sich im städtischen Schienenverkehr wenig getan, ausgenommen der französische TGV.

"Parry People Movers"
Dank an Todd Edelman, der dies fand.

 

Globale Erwärmung am Wendepunkt?

Ganz schlechte Nachrichten kommen aus Westsibirien. Die Tundra taut und Milliarden Tonnen Methan werden im nächsten Jahrhundert in die Atmosphäre entweichen. Methan ist ein 20fach stärkeres Treibhausgas als CO2. Es wird befürchtet, dass dies einen "Wendepunkt" markieren könnte, jenseits dessen das Klima dauerhaft wärmer werden könnte.

Neueste Untersuchungen der Region ergaben, dass Permafrostböden auf der Fläche von einer Million Quadratkilometer erstmals seit ihrer Entstehung vor 11.000 Jahren zu tauen begonnen haben. Diese Gegend ist das weltgrößte gefrorene Torfmoor. Heute wird diese einstmals öde Fläche hartgefrorener Tundra zu einer Landschaft von Schlamm und Tümpeln, von denen einige über einen Kilometer Durchmesser haben. Man befürchtet, dass die Änderungen unumkehrbar sein werden. Der nackte Boden erwärmt sich schneller als Eis und Schnee, wodurch das Abtauen noch beschleunigt wird.

Westsibirien erwärmt sich schneller als irgendwo anders und ist bereits 3 Grad wärmer als noch vor 40 Jahren. Da das Methan durch den Permafrostboden nur langsam entwich blieb blieb der größte Teil davon im Boden. Dieses eine Moor enthält schätzungsweise 70 Milliarden Tonnen Methan, etwa ein Viertel des gesamten Methans in der Erdkruste. Der jährliche Austritt in Westsdibirien soll dem der gesamten übrigen Welt (Feuchtgebiete und Landwirtschaft) entsprechen. Dies würde den Methangehalt der Atmosphäre verdoppeln und zu einem siginfikanten Anstieg der globalen Erwärmung führen.

Andere Forscher haben Schäden in Permafrostböden in Ostsibirien gefunden, wo an den wärmsten Stellen das Methan so schnell aus der Oberfläche sprudelte, dass es das Überfrieren des Bodens verhinderte.

"Warming hits 'tipping point'"
The Guardian
11 August 2005

Globale Verdunklung und der Klimawandel

Als wäre die galoppierende Schmelze in der Tundra noch nicht schlimm genug, veröffentlichte Horizon der BBC kürzlich "Globale Verdunklung", einen Bericht über die Verringerung der globalen Erwärmung durch atmosphärische Aerosole. Die Wirkung dieser Kleinstpartikel, von denen viele aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe stammen, ist komplex und vielfältig.

Als nach dem 11. September 2001 der gesamte Luftverkehr in den USA für einige Tage zum erliegen kam stellte dies eine einzigartige Gelegenheit dar, die Intensität des Sonnenlichts ohne die Kondensstreifen in der Stratosphäre zu untersuchen. Während des hiatus waren die Tagestemperaturen höher und die Nachttemperaturn niedriger, genau der erwartete Effekt wenn die These der globalen Verdunklung stimmt.

Vom Menschen verursachte Aerosole lassen Wolken entstehen, die ungewöhnlich stark reflektieren, da sie mehr Sonnenlicht ins All zurückschicken. Die Aerosole sind erheblich kleiner als natürliche Wolkenbildungsbereiche, was sich in kleineren Wassertröpfchen äussert. Die Reflektionseigenschaften hängen vom Oberflächenbereich der Tröpfchen ab, der sich vergrößert, wenn sie klein sind (für eine gewisse Menge Feuchtigkeit). In verschmutzter Luft bilden sich bis zu sechs Mal mehr Wassertröpfchen als in sauber Luft.

Verbesserungen der Luftqualität verringern in der Tat diesen Verdunklungseffekt. (Die Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Schwebstoffe sind umfassen und sie müssen verringert werden.) Die Luft wird sauberer und der Schutzschild wird schwächer, was die Temperaturen steigen lässt.

Die "pan evaporation"-Methode, mit der die Verdampfung gemessen wird, ist so simpel und wird seit langem so weitverbreitet genutzt, dass der Nachweis der Verdunklung nahezu unbestreitbar ist.

Das Fazit lautet, dass die globale Erwärmung sich als schlimmer als vorhergesagt herausstellen könnte. Ein Temperaturanstieg von 5 bis 9 Grad ist möglich. Die globale Verdunklung hat die globale Erwärmung verdeckt. Je sauberer die Luft wird, desto größere Erwärmung wird sich einstellen.

Energierationierung in England?

Großbritanniens eigene Versorgung mit Öl und Gas wird in etwa 15 Jahren nahezu erschöpft sein. Die Blair-Regierung spricht nun davon, den Verbrauch zu begrenzen, doch die Notwendigkeit ihn zu begrenzen wird bezüglich der Verringerung des Klimawandels formuliert . England muss nach dem Kyoto-Protokoll seine Treibhausgas-Emissionen bis 2012 um 12,5% reduzieren.

Eine ins Auge gefasste Massnahme ist Rationierung und die Ration könnte in Form einer handelbaren Währung bestehen. Der Plan könnte innnerhalb 10 Jahren umgesetzt werden und würde jedem Individuum eine "Carbon-Card" zur Verfügung stellen. Ein jeder hätte die gleichen "CO2"-Rechte. Jedes Mal wenn jemand fossile Brennstoffe verbraucht, direkt oder indirekt würden Punkte abgezogen. Großverbraucher könnten Punkte von Geringverbrauchern erwerben.

Die Implementation dürfte teuer werden. Die politischen Hürden werden als hoch angesehen, doch die Idee scheint dennoch einiges für sich zu haben. Ich habe schon lange darüber nachgedacht, ob nicht ein solches Schema, global betrieben, der einzige faire Weg zu gerechten CO2-Emissionen sei. Der Plan hört sich an, als ob er eine Chance bekommen könnte.

Stoppt er die globale Erwärmung?

Arnold Schwarzenegger (alias der Terminator) macht wieder Ärger. Der alternde Star, der kürzlich Gouverneur wurde, machte bei einer UN-Konferenz einen Plan betreffs der globalen Erwärmung bekannt. Die Vorgehensweise war einfach: Er will Ziele zur Verringerung der kalifornischen Treibhausgase setzen. Andere Gouverneure folgten dem Beispiel.

Schwarzenegger Initiative bringt ihn in direkten Zwist mit seinem republikanischen Parteifreund George W. Bush, der über den Klimawandel nichts weiss und nichts unternimmt. Schwarzenegger sagte:

Heute wird Kalifornien führend bei der Bekämpfung der globalen Erwärmung sein ... ich sage: Die Debatte ist vorbei. Wir kennen die Wissenschaft, wir sehen die Bedrohung, und wir wissen, dass es jetzt Zeit zum Handeln ist.
Schwarzenegger hat angeordnet, dass die Treibhausgase im Staat bis 2010 auf die Höhe von 2000 zu reduzieren seien, bis 2020 auf die Höhe von 1990 und bis 2050 auf nur 20% der Höhe von 1990. Das kalifornische Umweltministerium soll die Bemühungen verfolgen und halbjährlich berichten.

Schwarzenegger kündigte keine spezielle Politik an, rief aber zu effektiveren Autos, einem Übergang zu elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen und besser isolierten Gebäuden auf. Unübertrefflich verabschiedete das kalifornische Parlament mit überwältigender Mehrheit ein Gesetz, das die Einhaltung internationaler Standards zur Treibhausgasverringerung bis 2010 sichern soll, ein noch ehrgeizigeres Ziel als das des Gouverneurs.

Kalifornien ist die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Bemühungen an sich sind wichtig und dürften die landesweite Debatte beeinflussen. Bush ignorierte die fünftägige Konferenz in San Francisco.

"Schwarzenegger unveils global warming plan at UN conference"
Independent Record (Helena, Montana)
2 June 2005
Dank an Carlos F. Pardo, der dies fand.

 

Leitartikel

Ein Ton-Modell bei der TCFC V

Teilnehmer gestalten Stadtentwicklung

J.H. Crawford

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Teilnehmer der TCFC bauen ein Ton-Modell

Teilnehmer der 'Towards Carfree Cities'-Konferenz konstruierten ein Modell aus Töpferton. Die Konstruktion dauerte einen Tag, die Auswertung die beiden folgenden Tage. Das Modell stellte einen Stadtbereich einige Kilometer nordwestlich des Stadtzentrums dar. Wir hofften, dass das Modell die Errichtung eines autofreien Bezirks in dem wirklichen Bezirk anregen könnte, der etwa die halbe Größe des Referenzbezirks hat.

Zweck der Übung war, verschiedene Theorien zu erproben, die ich entwickelt habe. Ein Ton-Modell war dabei der Zugang, der einer Erprobung in der Wirklichkeit am nächsten kommt. Das Fehlen einer Perspektive auf Augenhöhe wich von dem Verfahren ab, das ich im Carfree Design Manual vorschlage, doch das andere stimmte damit überein.

Wir konnten einige Hypothesen betreffend der Teilnahme an der Gestaltung, der technischen Gestaltung (anders als auf Papier), des Entstehungsdesigns und der mittelalterlichen Straßenanlage ausprobieren. Der Vorgang überprüfte auch die Bereitschaft und Fähigkeit von Laien, Räume zu gestalten, die sowohl den technischen Anforderungen eines autofreien Bezirks als auch den ästhetischen Überlegungen genügen, die ich in meinem Buch darlege. Wir untersuchten auch, in wie weit Menschen mit einer gewissen Vorbildung anderen dabei helfen können, einen urbanen Lebensbereich zu gestalten.

Vorbereitungen

Die Grüne Jugend Ungarns (Zofi) stiftete das Modell und sorgte für die mühseligen Vorbereitungen. Die Gegend, die wir modellierten wurde kurzfristig ausgewählt, doch Mitglieder von Zofi schafften es dennoch, Fotos und Vermessungskarten im Maßstab von 1:500 zu beschaffen. Die Übung war daher recht wirklichkeitsgetreu, auch wenn die Stadtplanung noch gar nicht angefangen hatte.

Etwa 18 Leute dienten als Moderatoren und Teilnehmer. Ich traf mich einen Tag vorher mit ihnen um Methoden und Ziele zu umreißen. Ich legte meine Vision von teilnehmender Gestaltung dar und stellte kurz das Referenzdesign vor. Ich erläutere ebenfalls mein Eintreten für die Rückkehr zu einem mittelalterlichen Stadtbild. Während das Modell gebaut wurde halfen die Vermittler anderen Teilnehmern und führten auch eine Menge Arbeit am Modell aus.

Erste Schritte

Die Gegend war weiter als ideal vom Stadtzentrum entfernt, doch dies gleicht sich durch die Kreuzung zweier Zuglinien aus. Aus verschiedenen Gründen war die Ostseite des Bezirks für eine Umgestaltung ungeeignet. Wir modellierten daher nur die westliche Hälfte, die einen großen Abwasserkanal und die Ruinen eines römischen Amphitheaters enthielt. Die gesamte Gegend ist sehr flach.

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Der neue Kanal

Die erste Aufgabe bestand darin, einen Umsteigebahnhof bei der Kreuzung der beiden Schienenstränge zu bauen, der einen idealen Knotenpunkt des autofreien Bezirks bildete. Auch kamen wir schnell zu der Entscheidung, den alten, hässlichen Kanal umzuleiten und zu einem dreisträngigen städtischen Kanal zu machen wie in Amsterdam. Den Verlauf des Kanals neben dem Schienenstrang liessen wir unangetastet. Einige Leute arbeiteten an möglichen Verläufen für den Kanal, indem sie die Kanten des Kanals bzw. der Straße mit Gebäuden markierten, bis die Proportionen sowohl praktisch als auch attraktiv waren. Dann wurde der Kanal wie oben abgebildet eingezeichnet. Der gewählte Verlauf wirkte sich auf alle weitere Gestaltung im nordwestlichen Quadranten aus.

Wir hätten alle existierenden Strukturen, die beibehalten werden würden, darstellen sollen. Einiges an Arbeit musste von vorne begonnen werden nachdem der Einfluss der Amphitheater-Ruine offensichtlicher wurde.

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Bahnhof, zentraler Platz, Amphitheater

Gestaltende Entwicklung

Nachdem das Amphitheater modelliert war stellte sich ein Arbeits-Design für den Hauptplatz schnell ein. Arkaden wurden errichtet, um den kleinen dreieckigen Platz mit dem Kanalbereich zu verbinden und den ganzen Bereich zusammenzuführen. Das Amphitheater wurde direkt mit dem Platz verbunden, um so dies historische Bauwerk in das tägliche Leben zurückzubringen. Die lange Brücke über die Nord-Süd-Eisenbahnlinie nimmt ihren Verlauf gerade von außerhalb des Randes an diesem Platz und ist durch einen Bogengang im Erdgeschoss eines Turmes zugänglich.

Mein Interesse bestand insbesondere darin, die Anwendung von Entstehungsfolgen zu untersuchen. Diese wurden nicht am Anfang des Projekts formell festgelegt, doch sie begleiteten mein Denken während des Prozesses und die Gestaltungsansätze, die ich der Gruppe vorschlug legten gestaltendes Wachstum zu Grunde. Bei diesem Vorgang folgen Gestaltungsentscheidungen einer spezifischen Folge. Es ist klar, dass alle Elemente, die zuvor kamen, das beeinflussen, was hinterher kommt. Dies ist eine der Früchte des neuen Buchs von Christopher Alexander The Nature of Order.

In Reinform werden gestaltende Arbeitsschritte nicht auf frühere Entscheidungen zurückgreifen, doch in diesem Fall wurden einige wichtige Entscheidungen wiederholt, als herauskam, dass sie zu unlösbaren Problemen geführt hatten. Obwohl ich während des Arbeitsverlaufs kein vollständiges Projektschema entwickelt hatte, ging die Arbeit gut voran. Tatsächlich geschieht die Gestaltung bei einem 3-D Modell fast von alleine. Exakt wie in den Arbeitsschritten beschrieben sind es die großen Straßen, die zuerst festgelegt werden. Sind diese einmal am Platz, erfolgt - ebenso naheliegend - die Platzierung der kleineren Bestandteile. Fast jede Entscheidung wird von dem beeinflusst, was vorher festgelegt wurde. Die Möglichkeiten des Geländes, so begrenzt sie auch waren, übten einen weit gehenden Einfluss auf die Gestaltung aus. Jeder musste ganz genau die Auswirkungen verstehen, die der genaue Verlauf auf die weitere Gestaltung haben würde. Ich sah wenige Gestaltungsentscheidungen, die scheinbar abstrakt getroffen wurden, ohne Beziehung zu dem, was vorher gebaut wurde oder Beachtung der Wirkung, die das Element auf das Ganze haben würde.

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Modell des fertiggestellten Bezirks,
unterteilt durch die zentrale Bahnlinie.

Bewertung

Ich war vom Fortgang des Prozesses sehr erfreut und mich beeindruckte, mit welcher Energie, Begeisterung und Kreativität die Teilnehmer sich einbrachten. Auch wenn noch nicht ganz klar ist, welche Rolle Ton-Modelle letztendlich beim autofreien Design spielen werden, verdienen doch unsere benutzten Techniken Beachtung bei jeder Art Stadtplanung. Die Arbeit mit Ton kann, bevor man an die Arbeit an dem Stadtmodell geht, zur Klarstellung von Problemen führen und die Vorstellungen und Wünsche der Teilnehmer klären helfen.

Der Prozess zeigte, dass auch wenig vorgebildete Bürger an Stadtplanung interessiert sind. Über den Tag herrschte eine gute Stimmung vor und die wenigen Konflikte, die während der Arbeit aufkamen, wurden in freundschaftlicher und kooperativer Weise beigelegt. Mit viel Innovation wurden die Aufgaben gemeistert und viele Lösungen gefunden, auf die ich nie gekommen wäre, die aber offensichtlich exzellent waren. Diese eine Übung allein reichte, um mich zu überzeugen, dass Stadtgestaltung nie einer einzelnen Person allein übertragen werden sollte. Obgleich nicht klar ist, ob zahlreiche normale Bürger beteiligt sein müssen, bin ich nun doch sicher, dass durch Zusammenarbeit ein besseres Stadtdesign entsteht wenn man den Erfordernissen eines Stadtbezirks gerecht werden will.

Eine meiner Sorgen war allerdings, in welchem Ausmaß der Fortgang einfach nur eine Widerspiegelung meiner persönlichen Ideen und Meinungen gewesen sein könnte. Vielen der Teilnehmern bin ich bekannt und ebenso der Gegendstand meines neuen Buches, an dem ich arbeite. Man könnte einwenden, dass ein anderer Projektleiter für andere Ergebnisse sorgen würde, vielleicht völlig andere. Ich denke, dass ich womöglich einen erheblichen Einfluss auf den Prozess ausgeübt habe. Vielleicht ist das nicht völlig zu vermeiden, doch ich habe mich bemüht, auch die Ideen anderer Teilnehmer umzusetzen. Es war doch ein großer Teil der Arbeit an dem Modell, der durch keine meiner Tätigkeiten berührt wurde.

Es stellte sich heraus, dass etliche der Teilnehmer keine rechte Vorstellung von dem Maßstab hatten, in dem wir arbeiteten. Dies zeigte sich an einigen Elementen, die auf den Innenhöfen platziert wurden, insbesondere Bäume, die oft größer waren als sie maßstabsgetreu hätten sein können. Diese Probleme entstanden trotz aller Bemühungen, den Leuten vor Beginn der Arbeit den Maßstab zu erklären, in dem wir arbeiten würden und einige Beispiele städtischer Bebauungsdichte herumgehen zu lassen wie man sie in Floor Area Ratios Illustrated sehen kann. Lineale waren vorhanden und wurden zum Abmessen der Gebäude häufig eingesetzt.

In zukünftigen Versuchen würde ich Beispielblöcke zur Darstellung von Gebäuden verschiedener Arten und Größen verwenden, die als Proben vor Fotografien ähnlicher, wirklichkeitsgetreuer Stadtbezirke gesetzt werden. Der Wunsch nach Bäumen ist so stark dass einige Modelle zum Vergleich zur Verfügung stehen sollten. Bäume sollten aus Material gefertigt sein, das klar von dem Ton durch Struktur oder Farbe unterschieden werden kann.

Modellbau ist 'telegen', da Leute gezeigt werden, die etwas tun und nicht einfach nur reden, was Nachrichtenredakteuren ein Gräuel ist. Als die ungarischen Abendnachrichten einen Teil ihrer Sendung der Konferenz widmeten wurde dem Modell breiter Raum gegeben.

Danksagung

Ich möchte folgenden Personen für ihre Hilfe beim herstellen des Ton-Modells in Budapest danken: Ed Beale, Anna Bonifert, David Brasfield, Manuel Costa-Lobo, Ágnes Drechsler, Todd Edelman, Elvan Burge Erginli, Mária Farkas, Hajnal Benedek, Markus Heller, Michael Hermann, Róbert Horváth, Justin Hyatt, Edit Jagodics, Mari Jussi, Róbert Klujber, Selcen Kolutek, Bence Kovács, Nóra Kovasznai, Gabriella Magyar, Steven Melia, Mária Molnár, Meltem Parlak, Alex Pollock, Demet Savasan, Silke Schilling, Fulya Toper, Sebastien Torro, Szabolcs Toth, Kevser Ustundag, Elif Uzmez, Gus Yates, Murat Yildrim, und Janneke Zomervrucht.

Die jungen Grünen Ungarns, von denen viele an der Gestaltung und dem Bau teilnahmen, waren unentbehrlich bei der Organisation des Projekts. Eine Gruppe Stadtplanungsstudenten aus Istanbul war ebenfalls sehr aktiv unter der Leitung ihres Professors Kevser Ustundag.

 

Feature Article

Zwangswerbung - eine Zusammenfassung

Catherine Ng, Vorsitzende von "Hush the Bus"

In heutigen Zeiten erfreuen sich die Konsumenten eines großen Angebots an Produkten und Dienstleistungen. Ihre Aufmerksamkeit zu erhaschen wird immer schwieriger, weil die Menschen erstens gelernt haben, das steigende Bombardement der Werbung auszublenden, und zweitens eine größere Zahl Medien genutzt wird: Radio, TV, Druckerzeugnisse, Internet, Handy usw.

Die Ausgabe des Economist vom 2. 4. 2005 enthielt eine Beilage mit dem Titel "Kaufkraftstudie." Die Studie zeigte:

Einmal zur Macht gelangt werden die Konsumenten sie nicht wieder hergeben .. der Markt wird fragmentiert ... die Verbraucherbedürfnisse immer spezieller und Gewandtheit und Ermächtigung werden weiter wachsen ... sich in dieser neuen Lage an den Markt anzupassen, bedeutet, dass Werbung 'erwünschter' werden muss.
Dies klingt angenehm für Verbraucher, die unerwünschte Werbung hassen. Viele Menschen trauen der Werbung nicht und haben Mittel und Wege gefunden, ihre Augen und Ohren vor ihr zu verschließen. Sie drehen den Ton ab wenn das Fernsehprogramm wegen Werbung unterbrochen wird. Sie lassen Bänder vorlaufen. Sie überblättern Werbung in Zeitschriften und Zeitungen. Verbraucher können auch auf vielen informativen Webseiten Infos zum Produktvergleich erhalten.

Doch dies bedeutet nicht, dass die Werbung nicht mit aller Macht versucht, ihren Weg zu dem Menschen zu finden. Nach wie vor werden Verbraucher mit Werbefaxen, -Emails, Pop-ups und -Handybotschaften überflutet.

Die vielleicht gravierendste Verletzung 'erwünschter' Werbung ist das Busfernsehen in Hongkongs öffentlichem Nahverkehr. In Hongkong drückt sich eine Bevölkerung von sieben Millionen Menschen auf einer Fläche von gerade 1000 km2 zusammen, die Mehrheit der Menschen davon auf der Insel Hongkong und der Kowloon Halbinsel mit gerade 125 km2. Etwa die Hälfte der Bevölkerung fährt täglich mit dem Bus.

2001 installierten alle drei Busunternehmen Fernsehschirme in ihren Bussen: Zwei auf dem Oberdeck und zwei unten. Entlang den Fensterseiten auf beiden Decks reihen sich Lautsprecher. In den Bussen läuft von nun an eine Mischung aus Werbung und "Infotainment"-Programmen.

Die Sendungen , "Roadshow" genannt, werden von einer Tochtergesellschaft des größten Busunternehmen produziert. Das einstündige Programm läuft den ganzen Tag über als Dauerwiederholung. Es gibt keine Programmwahl, keinen Ausschaltknopf und keine Lautstärkeregelung. Das Bus-TV macht manche Passagiere wahnsinnig.

Stellen Sie sich vor:

Sie leben in einer Vorstadt und arbeiten im Stadtzentrum. Sie fahren mit dem Bus zur Arbeit und zurück, 45 Minuten täglich. Bei Stau dauert die Busfahrt 30 Minuten länger. Tagsüber fahren Sie nochmals zweimal eine Viertelstunde zu Besprechungen.

Wenn sie morgens zur Arbeit fahren oder abends nach Hause, kämpfen die meisten Busgäste entweder mit dem Schlaf oder wollen lesen. Im Bus ist es ruhig, bis auf den Fernseher, der Klimaanlage und Motor übertönt.

Tagsüber sind die Busse weniger voll, doch lauter, weil viele Passagiere sich entweder mit Freunden unterhalten oder mobil telefonieren. Durch das Fernsehen müssen sie schreien um sich verständlich zu machen.

Was sie wirklich wollen ist Ruhe und Frieden, doch statt dessen sind sie gezwungen, wieder und wieder Fetzen von heiserem MTV, Kinotrailern, Plauder-Fernsehshows, nervtötender Werbung, drögen Regierungserklärungen, daherlabernden Politikern und Reklame bis zum geht nicht mehr anzusehen und zu -hören: BHs, Schlankheitsmittel, Gesichtsmasken und so weiter und so fort.

Im Bus sind Sie in den Augen der RoadShow ein der Werbung ausgelieferter Passagier. Das Ziel der Werbung ist Ihre Aufmerksamkeit. Wie sollte man dies besser erreichen als dadurch, Ihnen mit Lautsprechern in die Ohren zu schreien?

Die Busunternehmen operieren nicht in einer freien Marktstruktur. Sie herrschen als Monopolisten über die Routen, die ihnen von der Regierung zugewiesen wurden. Im ÖPNV haben die Passagiere wenig Auswahl - sie können nicht mit den Füßen abstimmen. Deswegen muss der Gesetzgeber seinen Teil dazu beitragen, dass Zwangsfernsehen verboten wird.

Unglücklicher Weise stellt die Verkehrsbehörde in Hongkong das Busfernsehen als eine Art Extra hin und weigerte sich bislang, es aus den Bussen zu entfernen. Es ist deprimierend, dass die Franchisebehörde darauf besteht, mit der RoadShow einen sehr erwünschten Dienst zur Verfügung zu stellen.

3,5 Millionen Menschen fahren täglich in Hongkong mit dem Bus. Busfernsehen ist eine aufdringliche Werbemaschinerie, die eine Stunde Werbung, verkleidet als Infotainment als Dauerwiederholung sendet. 'Erwünschte' Werbung ist ein ferner Traum wenn die Behörde mit den Geschäftsleuten unter einer Decke steckt. Jede Anstrengung muss unternommen werden, um diese Kumpanei, die die Verbraucherrechte aushöhlt, aufzudecken.

Catherine Ng ist Assistentin für Management und Marketing
an der Hong Kong Polytechnic University. Ihre Forschungsschwerpunkte
sind Frauen im Management und als Unternehmerinnen. Sie war
gewähltes Mitglied der Equal Opportunities Commission, Vorsitzende
von zwei Frauengruppen und einem Frauen-Fond und Stellvertretende Vorsitzende
einer politischen Partei. 2002 startete sie die Initiative "Hush the Bus" ("Ruhe im Bus") mit zwei weiteren Mitstreitern
um gegen den Fernsehlärm in Bussen vorzugehen. Sie ist Mitautorin einer Veröffentlichung in der die Beziehung zwischen Staat, Markt und der Zivilgesellschaft
anhand der Fallstudie Bus-TV analysiert wird.

Juni 2005

Lissabons ansonsten hervorragende U-Bahn hat den gleichen "Service"
an den belebtesten Haltestellen ebenfalls eingeführt. (Hsg.)

Nachruf

Erik M. Rauch, 1974-2005

Erik kam bei einem Bergunfall im Sequoia National Park diesen Juli ums Leben. Er war ein Unterstützer der autofreien Sache von Anfang an und ein kluger Kopf, der seinen Verstand zur Lösung weiter Bereiche sozialer und wissenschaftlicher Probleme einzubringen wusste.

An der Liste seiner Veröffentlichungen wird deutlich, dass er, ursprünglich Ökologie-Theoretiker, sich vielen anderen Bereichen ausserhalb seines eigentlichen Betätigungsfeldes zuwandte. 2001 unternahm er die Entwicklung der North Point site nahe der Bostoner Innenstadt als autofreier Bezirk. Wenngleich dieser Versuch letztlich scheiterte war die Arbeit doch ein wichtiger Beitrag, autofreie Gestaltung in unserem Denken zu etablieren. Seine Durchsicht des ersten Teils meines kommenden Buches war von unschätzbarem Wert.

Er war Sprachwissenschaftler, Musiker, Schriftsteller und Programmierer mit großem Talent. Sein Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit zeigt sich deutlich in einem Leitartikel, den er April 2003 veröffentlichte: Iraq: The Short Run and The Long Run. Er leistete Pionierarbeit in der Entwicklung von künstliches-Leben-Software während er an der Yale University noch Neuling war. Er half Terrashare und MetaCarta beim Start, zwei Firmen, die Neuland betraten.

Er war ein treuer Freund und unübertroffener Diskussionspartner von tiefer und beständiger Wissbegierde. Sein Wesen war einzigartigartig im Leben vieler Menschen. Man wird ihn vermissen.
 
 

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