Ausgabe 49

11. Februar 2008

Venedig: Salizzada San Rocco
Salizzada San Rocco, Venedig
©2005 J.Crawford

Bekanntmachungen

Carfree Design Manual

Bis auf kleinere Korrekturen in einem Abschnitt ist der Text fertig. Die Abbildungen haben die Tausendergrenze überschritten. Das Buch ist mittlerweile beim Verlag.

Carfree Cities Verfügbarkeit

Sowohl die Paperback- als auch die gebundene Ausgabe von Carfree Cities sind weithin erhältlich. Details auf der Bestellseite.

Unterstützung von Carfree.com

Ed Beale zahlte für Oktober, November & Dezember 2007. Dr. Irving Rudman zahlte für Januar 2008. Dank allen großzügigen Spendern.

   World Carfree Network

Carfree.com unterstützt das World Carfree Network (WCN) durch die Bekanntgabe der wichtigsten Netzwerknachrichten an dieser Stelle. Besuchen Sie die WCN Webseite wenn Sie mehr Infos über Aktivitäten des Netzwerks bekommen wollen.

Towards Carfree Cities VIII (Portland, 16. - 20. Juni 2008)

Die Anmeldung für die Konferenz Towards Carfree Cities VIII hat begonnen. Die Konferenz wird von Shift, einem Mitglied des WKC organisiert. Portland ist führend in Bezug auf neue Ansätze beim Verkehr und hat als erste Großstadt der USA das Wachstum über die Stadtgrenzen hinaus begrenzt. Dies wird eine herausragende Konferenz werden.

Bristol Carfree Communities Conference

Am 20. Mai wird in Bristol/England eine eintägige Konferenz mit dem Thema "Herausforderungen für Öko-Städte und gesunde Metropolen" stattfinden. Autofreies Wohnen fand in England bislang nur in kleinem Maßstab statt, doch ein geplantes Öko-Städte-Programm sollte dies ändern. Die Konferenz ist der Auftakt zu autofreier Stadtplanung und wird von Carfree UK und der University of the West of England gefödert. Programm.

Föderung des WCN

Es gibt keinen bessere Zeitpunkt das WCN und das International Coordination Centre (ICC) in Prag zu unterstützen als jetzt. Die Mitgliedschaft kann auf verschiedenen Stufen erlangt werden, auch Spenden sind willkommen. Siehe www.worldcarfree.net/join/.

Venedig: Kleiner Platz
Venedig
©2005 J.Crawford

Kleinere Plätze Venedigs

In dieser Ausgabe sind einige Fotos der kleineren Plätze in Venedig enthalten. Die Reihe wird in den nächsten Ausgaben fortgesetzt. Diese Plätze, von denen einige wahrhaft klein sind, sind ungeachtet ihrer Größe bedeutend für die Stadt. Sie bilden einen Gegensatz zu den engen Gassen und geben den Anwohnern Raum für ein Schwätzchen.

Der Markusplatz wird am Ende auch behandelt, doch ich werde nach Venedig zurückkehren müssen um mehr Bilder dieses rätselhaften, wundervollen Platzes zu schießen.

Kurznachrichten

Venedig: Small Square
Venedig
©2005 J.Crawford

Schüler Fahrrad-Wettbewerb 2008

Ein neuer Schüler Fahrrad-Wettbewerb wurde ausgeschrieben. Alle Unter-Siebzehnjährigen weltweit können am "Bicycle Essay Contest" teilnehmen. Anmeldesschluß ist am 1. Mai 2008. Weitere Informationen

Venedig: kleiner Platz
Venedig
©2005 J.Crawford

Autofrei in der Presse

Google News bietet einen personalisierten Nachrichtendienst, und ich habe dort seit einiger Zeit einen Bereich "Autofrei". Interessanterweise steigt die Zahl der Artikel, in denen dieser Suchbegriff vorkommt, ziemlich beständig an. An einem der vergangenen Tage wurden beispielsweise folgende Artikel angezeigt:

Unten gibt es eine Anleitung wie man dies auf seiner eigenen Google News Seite einrichtet.

"Google News"
Auf "Diese Seite anpassen" (oben rechts)
Dann auf "Benutzerdefinierten Abschnitt hinzufügen" klicken
Fügen Sie folgende Zeichenkette bei "Suchbegriffe" ein:
"carfree" oder "autofrei"
und klicken Sie auf "Abschnitt hinzufügen"
Venedig: Small Square
Venedig
©2005 J.Crawford

Autofreier Bahnhofsvorplatz in Preston, England

Eine Bushaltestelle am Bahnhof von Preston wurde zum Schlüssel einer autofreien Vision für das Zentrum der Stadt. Kleinbusse würden mit dem Zug anreisende Kunden vom Bahnhof in die Stadt und zurück bringen. Der Bahnhof befindet sich fünf Gehminuten von der Universität, dem größten Einkaufszentrum und einem geplanten Geschäftsbezirk. (Braucht man dafür wirklich solche Busse?)

Malcolm McVicar, Vorsitzender des Preston Vision Board, sagte:

Prestons Zukunft liegt sicherlich nicht im Auto. Sehen Sie sich die Londoner Innenstadt an, eines der weltgrößten Finanzzentren, wo es praktisch keine Parkplätze gibt. Sehen Sie nach Manchester - dort trauen Sie sich mit einem Auto garnicht hinein.

Wir achten beim Ausbau Prestons darauf, dass Schienen- und Busverkehr, und öffentlicher Verkehr, eine zentrale Position einnehmen.

Das einzig Radikale an all dem ist die Rückkehr zu den Umständen wie sie vor 60 Jahren waren.

Hugh Evans vom North and Western Lancashire Chamber of Commerce, sagte, "Wenn mehr Leute den ÖPNV nutzen sollen muss der Service verbessert werden." Dies ist keine wirklich neue Erkenntnis und entspricht den Verhältnissen von vor etwa 40 Jahren in England.

"Leader's vision of a car-free Preston"
lep.co.uk
13 November 2007
Sheffield vorher Sheffield vorher
©2003 Kay Milner

Wiederherstellung des Stadtzentrums in Sheffield

Das Zentrum von Sheffield wurde kürzlich im Rahmen des mit 130 Mio. Pfund geförderten Programms "Heart of the City" einer drastischen Neugestaltung unterzogen. Stadtteile wurden als "Viertel" neubenannt und Sheffield hat sich völlig verändert. Das Vorhaben enthielt sieben Einzelprojekte zur Verbesserung der Beschäftigung, des Verkehrswesens, der Bildung sowie der Kultur und des Handels. Öffentlich sichtbar wurden fünf Plätze unter freiem Himmel - Peace Gardens, Millennium Square, St Paul's Place, Hallam Square und Town Hall Square - dazu die Millennium Galleries und der Winter Garden.

Sheffield vorher
Sheffield vorher
©2003 Kay Milner

Die Umgestaltung des Sheffielder Hauptbahnhofs (ein Knotenpunkt für Fern- und Straßenbahnen) kostete allein 50 Mio. Pfund und hat Bahnhofshalle und Nebenflächen zu einem Tor für die Stadt gemacht, wie auf den Fotos unten zu sehen. Die Taxistände und Kurzzeitparkplätze (vorher direkt vor der historischen Fassade des Bahnhofs) wurden verlegt, ebenso die Hauptstraße, die am Bahnhof vorbeiführte. Sie wurde durch eine beeindruckende städtische Plaza ersetzt, mit Bänken, Brunnen und schattigen Bäumen. Eine "Wasserwand" trennt die Plaza vom Verkehr und führt Fußgänger quer über den Platz zu einer neuerrichteten Kreuzung, von der aus sie ins Stadtzentrum gelangen können.

Sheffield heute
Sheffield nachher

Der Bahnhofsvorplatz ist Teil eines Netzes von über die ganze Stadt verteilten Plätzen, die Laufen und Radfahren erleichtern und auch die "innere Karte" finden helfen, mit der man sich in der Stadt orientiert. Die "Gold Route" der Innenstadt, die zum Bahnhof führt, wurde mit dem Best-Designed Regeneration Development award ausgezeichnet. Eine Jurorin, Alexandra Rook, bemerkte, dass "der Effekt auf Besucher dramatisch war. Es wird mehr zu Fuß gegangen und es wurden Orte geschaffen, an denen Menschen gerne verweilen".

Sheffield today
Sheffield nachher
Special für Carfree Times
Von Naomi Cordiner, Project Officer bei Carplus, einer gemeinnützigen Organisation in England, die sich für einen verantwortungsvollen Gebrauch des Autos einsetzt. Carplus unterstützt zusammen mit örtlichen Verwaltungen, Stadtplanern, Arbeitgebern und Bürgerinitiativen ein landesweites Netz von Automobilclubs und Carsharingunternehmen, das der Zusammenführung nachhaltiger Verkehrslösungen dient.
Venedig: Small Square
Venedig
©2005 J.Crawford

Tag der Künste: Times Square Unplugged

Silke Schilling, langjährige Freundin des WCN, arbeitet an einem Event, das das Herz Manhattans verwandeln würde. Der weitere Artikel ist von ihr.

Stellen Sie sich folgende Szenerie vor: Die Blinklichter auf den Hochäusern am Time Square sind abgeschaltet, die Autos verschwunden - Times Square "unplugged". Leute sitzen auf Bänken oder Decken auf Gehwegen und sehen den Tauben zu, den Spaziergängern, dem Straßenballett, unterhalten sich, denken nach, meditieren und freuen sich an der Sonne und der Szenerie wie auf einer italienischen Plaza - der Times Square wäre "La Piazza del Tempo". Die Künstler New Yorks treffen sich. Tatsächlich ist jeder irgendwie Künstler. Auch Sie sind einer. Stellen Sie sich all die hunderte Maler hinter ihren Staffeleien vor; sehen Sie all die Frauen, Männer und Kinder malen, bildhauern, töpfern, Gedichte und Geschichten schreiben; sehen Sie, wie sie etwas erschaffen - auf dem Platz der Künste.

Die Tänzer aus den Theatern, ihr Publikum, das Hotelpersonal, die Anwohner, die Bankiers, die Kunden und Touristen sind ins Freie hinausgekommen. Es gibt Musik, Folklore, Tango, Hip Hop und Oper - Unterhaltung und Musik der ganzen Welt. Menschen tanzen und wir stimmen mit unseren Trommeln ein. Ein einziges Mal lasst uns selbst die Vorstellung machen - einen Tag und eine Nacht am Broadway.

Stille Plätze der Welt

Sie leben wohl nicht in New York?
Kein Problem. Es gibt schöne
und laute Plätze in den meisten Städten
der Welt. Schaffen Sie sich Ihren
eigenen Tag der Künste.

Wie?

Finden wir die Stimmung auf dem Times Square und unsere eigene - mit unseren Augen und Ohren, mit unseren Händen und Füßen und Stimmen, bis wir zufrieden, erschöpft und exstatisch glücklich sind. Und lasst uns so leise sein, dass der Platz selbst sprechen kann. Durch unsere Kunstwerke dieser 24 Stunden: die Musik, die Bilder, die Dichtung, den Tanz der Menschen von New York City. All diese Menschen, wir alle, sind hier, sind jetzt, sind in diesem Moment, wir sind bewusst und wir sehen - das Geheimnis des Times Square. Eine Vision, die Wirklichkeit werden kann.

Diese Vision - ein Times Square 'unplugged', La Piazza del Tempo, der Times Square der Künste, ein selbstgeschriebenes Theaterstück auf dem Broadway, das Enträtseln des Mysteriums 'Times Square' kann Wirklichkeit werden - wenn Sie es wollen. Der Tag der Künste wird anbrechen wenn ihn jeder erleben will und an ihm interessiert ist: Die Menschen in New York, die Times Square Alliance, jedes einzelne Geschäft, Büro, jeder Bewohner und die ganze Stadt New York. Unser gemeinsames Handeln ist gefragt und es wird eine win-win Situation für alle Beteiligten, für uns alle werden.

Sagt es weiter. Sendet jedem in eurem Adressbuch die Botschaft. Redet mit euren Freunden über das Vorhaben, mit Kollegen, eurer Familie, den Menschen auf der Straße; diskutiert die Idee. Sprecht mit uns, sendet uns eine Email, sagt uns was ihr gerne hättet. Erzählt uns von euren Ideen. Wir werden schreiben, was ihr uns geschrieben habt. Wir werden es in unser Tagebuch einfügen.

Bitte wenden Sie sich an Ihre Behörden, an Ihren Bürgermeister, an Kunst-Einrichtungen, an die Times Square Alliance, an jeden, der es in Ihren Augen Wirklichkeit werden lassen könnte. Sind Sie in einer Organisation, Verwaltung oder einem Unternehmen am Times Square, treten Sie bitte mit uns in Kontakt. Möchten Sie uns in irgendeiner Weise unterstützen? Wir freuen uns über jede Hilfe von Ihrer Seite. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist zögern Sie nicht, bringen Sie mit, was Sie für einen Tag brauchen und kommen Sie zum Times Square. Bringen Sie Ihre Freunde und Ihre Familie mit. Bringen Sie Ihre Ideen, Ihre Kunst, Ihre Werkzeuge, Ihren Frieden und Ihre Freude mit. Bringen Sie Ihre Freude an öffentlichen Plätzen mit. Sie sind willkommen.

Das Treffen im April ist als Probe in kleinem Maßstab gedacht, morgens mit ungefähr maximal 30 Leuten. Ich kann nicht abschätzen wieviel Leute sich unangekündigt einfinden werden, deswegen brauche ich angemeldete Teilnehmer um zu wissen und einzugrenzen wie viele wir sein werden, denn ich möchte keine Scherereien mit der Polizei oder den Behörden.

Morgenmeditation der Künstler - April 2008

Was sehen wir auf dem Times Square? Was sehen wir unter ihm? Was ist er? Was bedeutet er? Was drückt er aus? Kommen Sie mit mir zum Times Square und tauchen Sie ein in seine verschiedenen Ebenen!

Die vierstündige Meditation und Kunstsession soll unserer kleinen Gruppe von etwa dreißig Leuten einen Eindruck dafür verschaffen wie es mit etwa dreißigtausend sein könnte. Wir werden unsere ruhigen Ecken auf dem lärmenden Times Square finden. Es kann eine Probe werden.

Den Anfang wird eine geführte Meditation machen, die Ihnen helfen soll die tieferen Schichten dieses aufregenden Platzes zu erreichen. Sie entscheiden auf welche Weise Sie in den folgenden Stunden mit dem Times Square in Verbindung bleiben wollen. Zeichnen oder malen Sie, was Sie sehen und was Sie empfinden, bringen Sie es in einem Gedicht ein oder zeigen Sie uns alle Seiten dieses beeindruckenden Platzes, die Sie wollen, durch die Linse Ihrer Kamera. Schreiben Sie ein Lied wenn Sie sich inspiriert fühlen. Wenn Sie dem Platz und sich selbst eher Ruhe und Frieden verleihen wollen so tun Sie eben das.

Die Teilnahme ist gratis. Wenn Sie allerdings die Vorarbeiten zum Tag der Künste unterstützen wollen könnten Sie ein Kunstwerk, das aus diesem Tag heraus entsteht, spenden. Wir würden Ihre Visionen, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, gerne auf dieser Webseite ausstellen. Mit Ihren Visionen und Ihrer Arbeit können Sie uns helfen die Öffentlichkeit zu interessieren und den Tag der Künste am Times Square Wirklichkeit werden lassen.

Da wir für diese Meditation nur eine begrenzte Zahl Teilnehmer annehmen können bitten wir Sie um Voranmeldung betreffs Ort und Zeit des Treffens. Bitte schreiben Sie uns unter mail@dayofthearts.com.

Eine wunderschöne Vision. Ich wünsche Silke allen Erfolg. Bleiben Sie dran!

Times Square Day of the Arts

Venedig: Small Square
Venedig
©2005 J.Crawford

"Very Important Pedestrian Day" wurde auch kommerziell ein Erfolg

Londons Bürgermeister Ken Livingstone rief den 2. December 2007, einen Samstag, zum "Very Important Pedestrian Day" aus und sperrte drei Haupteinkaufsmeilen der Stadt für Autos. Straßenkünstler übernahmen das Regiment und der Tag wurde mit einem Großfeuerwerk beendet. Menschen hatten auf diesen ansonsten verstopften Straßen endlich Platz zum Laufen .. und zum Einkaufen. Eine Million Menschen erging sich auf den autofreien Straßen und überließ sich einer hundert-Millionen-Pfund Einkaufsorgie.

Livingstone sagte bei der Eröffnung des Events:

Im Vorfeld zu Weihnachten ist dies ein bedeutendes Event in London geworden, und zeigt uns wie das West End 2013 aussehen wird wenn aller Verkehr ausgesperrt und das Terrain den Fußgängern gehören wird.

Anscheinend lief alles sehr entspannt, obwohl die Straßen komplett verstopft waren, allerdings mit Fußgängern.

Steve Hammer vom "Columbia's Urban Energy Program" bemerkte: "Die Moral von der Geschichte dürfte vermutlich die sein, dass wir, um den Kaufrausch zu beenden, einfach wieder den Straßenverkehr durch die Einkaufsmeilen leiten sollten." Das könnte klappen, besser gar nicht erst ausprobieren.


Venedig: Small Square
Venedig
©2005 J.Crawford

Höflichkeit

"Der öffentliche Raum verkommt zu einer Flegelbude", schreibt der Guardian:

Ein grauer Wochentag, morgens um 7 Uhr 40 an einer Busstation in Edmonton, Nordlondon. Es wimmelt von Schulkindern. Als der Bus eintrifft drängelt sich die Menge rücksichtslos hinein. Leute werden überrannt. Die Kinder schreien und drängeln in Panik. Die Kleineren von ihnen halten sich erschrocken fern von diesem Handgemenge. Die mit den härtesten Ellbogen kommen durch. Die anderen müssen beim nächsten Bus wiederum durch diesen Leidensweg gehen, oder beim übernächsten - und bekommen Verweise wegen Zuspätkommens wenn sie es, ausreichend kampferprobt, schließlich in die Schule geschafft haben.

Die Autorin, Madeleine Bunting, geriet in Rage angesichts dieser Vorgänge, die offensichtlich in England zur Gewohnheit werden. Dieses Land, das einst für die zivilisierte Weise bekannt war, in der Menschen sich an der Bushaltestelle in der Reihe aufstellten, nimmt inzwischen solche Raufereien als normal hin. Wie kann dies in einer als zivilisiert angesehenen Nation passieren? Sie fragt dann:

"Wie können wir uns über solch asoziales Verhalten unserer Kinder beschweren wenn die Erziehung dieser Kinder zu gesellschaftlichen Umgangsformen selbst so heruntergekommen ist? Wo sind die nötigen Busse, die Schaffner oder Busfahrer? Warum ist der öffentliche Verkehr in weniger wohlhabenden Wohngegenden derart ungenügend? Wer Menschen wie Tiere behandelt muss sich nicht wundern wenn sie sich dermaleinst auch so benehmen. Diese Kinder lernen jeden Morgen ihre Lektion darin, wie rücksichtslose Selbstbehauptung in ihrem Leben Türen öffnet.

Ein Drittel aller Befragten sagten dem "British Crime Survey", dass sie sich wegen asozialen Verhaltens sorgen. Die Menschen ängstigen sich wegen übler Umgangsformen unter Fremden, was als Symptomatik individueller Anspruchshaltung gesehen wird. Asoziale Teenager spielen nur die Aggression und Gleichgültigkeit nach, die ihnen selbst zuteil wurde.

Zumindest eine einfache Lösung gäbe es: mehr Busse.

"From Buses to Blogs, a Pathological Individualism Is Poisoning Public Life:
Our shared spaces have become a bear pit. This ever-crumbling civility risks our wellbeing and points to a bleak future"
The Guardian
28 January 2008

Venedig: Kleiner Platz
Venedig
©2005 J.Crawford

Biosprit & Essen

Der Guardian schreibt:

Es kann wohl kaum irrer werden: Da wird Swaziland von einer Hungersnot heimgesucht und erhält Lebensmittelhilfe. Vierzig Prozent der Bevölkerung sehen sich akuter Nahrungsmittelknappheit ausgesetzt. Und was hat die Regierung entschieden zu exportieren? Biosprit, hergestellt aus der Nutzpflanze Cassava. Die Regierung hat einige tausend Hektar Land im Distrikt Lavumisa, zufällig der am schlimmsten von Dürre geplagte Landesteil, für die Produktion von Ethanol reserviert.

Jean Ziegler, Sonderberichterstatter der UN, beschreibt das als einen "Krieg gegen die Menschlichkeit". Reiche Autofahrer ziehen den Armen das Essen aus dem Mund. Sogar der International Monetary Fund warnt davor, dass die Verwendung von Nahrungsmitteln zur Spritherstellung "die ohnehin schon angespannte Lage bei bewirtschaftungsfähigen Flächen und Wasser weiter verschärft, und dazu die Lebensmittelpreise weiter nach oben treibt." Die "Food and Agriculture Organisation" der UN (FAO) warnt bereits vor den niedrigsten weltweiten Nahrungsmittelreserven weltweit. Selbst bei niedrigen Preisen litten bereits 850 Millionen Menschen Hunger.

Diese Warnungen stoßen bei den Regierungen der Industrienationen auf taube Ohren. Biosprit schafft die Illusion, dass bei fallenden CO2-Emissionen das Verkehrswesen weiter wachsen könne. Man muss sich keinen harten Tatsachen stellen.

Ach ja, eine aktuelle Studie des Nobelpreisträgers Paul Crutzen ergab, daß Stickstoffdünger giftige Stickoxide erzeugen, ein Treibhausgas, das 296-fach klimawirksamer ist als CO2. Ein Artikel in Science behauptete kürzlich, das der Schutz unbebauten Landes über 30 Jahre zwischen 2 und 9 Mal so viel CO2-Emissionen einspart wie wenn man das Land pflügt und mit Bio-Treibstoffpflanzen anbaut. Der Guardian kommt zu dem Schluß:

Wenn die Regierungen, die auf Biosprit setzen, nicht umkehren, werden die Auswirkungen schlimmer sein als die des Irak-Krieges. Millionen werden heimatlos, hunderte Millionen werden hungern. Dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist ein komplexes, doch das macht es nicht geringer oder entschuldigt es gar. . . . Wie alle diese Verbrechen wird es von Feiglingen ausgeführt, die Schwächere angreifen und die Stärkeren verschonen.
"An Agricultural Crime Against Humanity:
Biofuels could kill more people than the Iraq war"
The Guardian
6 November 2007


Venedig: Kleiner Platz
Venedig
©2005 J.Crawford

Endloses Wachstum, endlich in Frage gestellt

George Monbiot eröffnete kürzlich einen Artikel im Guardian mit den Worten:

Wenn du die Menschen vor den Gefahren des Klimawandels warnst nennen sie Dich einen Heiligen. Wenn du dann erzählst, was getan werden muss, nennen sie Dich einen Kommunisten. Lassen Sie mich erklären wieso.

Es existiert mittlerweile ein breiter wissenschaftlicher Konsens, dass wir die weltweite Temperatur nicht höher als 2 Grad als in der vorindustriellen Epoche steigen lassen dürfen. Über diese Schwelle hinaus würde der Eispanzer Grönlands unumkehrbar abschmelzen, einige Ökosysteme kollabieren, Milliarden unter Trinkwassermangel leiden und Dürre die weltweite Nahrungsmittelversorgung gefährden.

Gleichwohl befindet sich der britische Plan fern jeder Realisierung. Die 60 Prozent Reduzierung beim CO2-Ausstoß, die zwischen 1995 und 2050 erreicht werden sollten, sind weit entfernt von der Wirklichkeit, und neueste Forderungen sprechen sogar von einer 80-prozentigen Reduzierung.

Der letzte Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) verbindet verschiedene Kürzungsszenarien mit wahrscheinlichem Temperaturanstieg. Um die Temperaturen unter einem Anstieg von 2 Grad zu halten muss die Welt ihren Ausstoß auf etwa 15 Prozent des Jahres 2000 zurückführen. Monbiot hat nachgerechnet:

Ich habe die weltweite CO2-Produktion nachgesehen und die Zahl durch die augenblickliche Weltbevölkerung geteilt. Dies ergibt eine Zahl von 3,58 Tonnen pro Mensch. Eine Reduzierung von 85% heisst, dass (vorausgesetzt die Bevölkerung bliebe gleich) der globale CO2-Ausstoß pro Kopf auf 0,537 Tonnen pro Kopf sinken müsste. Großbritannien produziert im Moment 9,6 Tonnen, und die USA 23,6 Tonnen pro Kopf. Diese Zahl auf 0,537 zu reduzieren bedeutet eine Rate von 94,4% in Großbritannien und 97,7% in den USA. Allerdings wird die Weltbevölkerung im gleichen Zeitraum steigen. Nehmen wir eine Weltbevölkerung von 9 Milliarden an, so ergibt sich eine Rate von 95,9% bzw. 98,3%.

Diesen Zahlen werden wir nicht einmal nahekommen, auch wenn wir alle künftig einen Prius fahren. Und diverse positive Rückkopplungseffekte werden die Zukunft noch schwieriger werden lassen. Offensichtlich braucht es eine 100% Reduktion um die Temperaturen nicht mehr als 1,5 Grad über den präindustriellen Wert ansteigen zu lassen. Aus und vorbei mit fossilen Treibstoffen.

Das Kyoto-Protokoll ist gescheitert. Seit seiner Unterzeichnung haben sich die globalen Emissionen beschleunigt. Der momentane CO2-Ausstoß liegt sogar über dem worst-case-Szenario des IPCC. Menschengemachter CO2-Ausstoß wächst mittlerweile schneller als je in der Geschichte. Monbiot stellt fest, dass es "in Großbritannien eine unfassbare Kluft gibt zwischen der Klimapolitik der Regierung und den Fakten, die sie schafft." Schlimmer noch: "Wenn unsere Wirtschaft zwischen heute und 2040 um drei Prozent wächst, so werden wir in der Zeitspanne ab jetzt mehr wirtschaftliche Ressourcen verbrauchen als der Mensch, seit er begann auf zwei Beinen zu laufen."

Monbiot meint dass es noch Hoffnung gibt. In Bezug auf die dunklen Tage des Zweiten Weltkrieges sagt er:

Der Krieg erschien oft nicht zu gewinnen; dennoch geschahen seltsame und unerklärliche Dinge als der politische Wille mobilisiert war. Der US-Wirtschaft gelang eine dramatische Kehrtwende als 1942 die Friedenswirtschaft in Kriegswirtschaft umgestellt wurde. Der Staat erlangte größere Macht als je zuvor. Scheinbar Unmögliches wurde auf einmal möglich.

In dieser Zeit werden Leute auf die Idee kommen, Städte autofrei zu machen. Wir werden schon warten.

"This Crisis Demands a Reappraisal of Who We Are and What Progress Means
Outdated figures have been hiding the full extent of climate change.
But I am still advocating action, and not despair"
Common Dreams
4 December 2007

Venedig: Kleiner Platz
Venedig
©2005 J.Crawford

Was an Auto 'light' verkehrt ist

Die Umweltjournailistin und "erfahrene Fußgängerin" Diana DeRubertis nahm die "New Urbanist Development" in San Diego, wo sie lebt, unter die Lupe und untersuchte deren Mängel. Angeblich ist die Gegend ein "Traditional Neighborhood Development" (TND), doch sie ist anderer Ansicht. Das Projekt, Rio Vista West, ist eine große Luxusappartement-Wohnanlage mit attraktiver Architektur, Läden im Erdgeschoss und Straßenbahnanschluß. Dessen ungeachtet finden sich im Zentrum der Anlage nur einige wenige Fußgänger. "Trotz der Gehsteig-Alleen mit Bäumen steht dieses Viertel und seine Umgebung unter der Herrschaft des Automobils.

Im Gegensatz zu den vollmundigen TND-Aussagen sind die Prioritäten für das Auto gesetzt, nicht für Fußgänger. Rio Vista West ist von mehrspurigen Zubringerstraßen eingeschlossen, die den Verkehr auf die vielen Einkaufszentren der Region verteilen sollen. Überlicherweise liegt so ein Shoppingcenter in der Mitte eines riesigen Parkplatzes. Der Maßstab der Anlagen ist für Autos, nicht für Menschen. Fußgänger, die versuchen in die nahegelegenen Gebiete zu gelangen sehen sich furchterregenden Kreuzungen, dichtem Verkehr und Parkplätzen gegenüber. Abseits seiner Autostraßen ist Rio Vista zu Fuß nicht erschließbar. Und dann ist da die Notwendigkeit, auf die nächste Schnellstraße zu kommen um das nächste Lebensmittelgeschäft zu erreichen.

Peter Calthorpes ursprünglicher Plan scheint tatsächlich in Richtung einer öffentlichen Nahverkehrsstruktur gegangen zu sein. Es gab ein Netzwerk von Gassen und Plätzen, ein Begegnungszentrum, einen Lebensmittelladen und Grünflächen. Die Stadtplaner gaben dies Konzept zu Gunsten weiterer Shoppingcenter auf.

DeRubertis klagt:

Neue Gemeinden, die vom Auto abhängen, sind zumindest in Südkalifornien nichts ungewöhnliches. Tatsächlich liegen die Probleme für Fußgänger in der Natur dieser gewaltigen, am Reißbrett geplanten und aus dem Nichts hochgerissenen Projekten auf der grünen Wiese . . . man hat in derart großem Stil geplant, dass man am Ende nur ein Abbild der konventionellen Siedlungen geschaffen hat, insbesondere in Bezug auf die Zubringer- und Entlastungsstraßen . . . Viele vorstädtische TNDs in San Diego werden den Anforderungen von Fußgängern in keiner Weise gerecht, wie menschengerechte Ausmaße, schmale Straßen, verstreuter Verkehr, nahegelegene Märkte und aktive Gebäudefronten (viele Gebäude sind zur straßenseitig Sicherheit verriegelt.) . . .

Die vielversprechendsten fußgängerfreundlichen Projekte sind in der Tat Sanierungsgebiete - wiederbelebte Viertel im und um das Stadtzentrum herum. Oftmals vor der Erfindung des Autos entstanden, bestehen diese alten Viertel oft aus einem engen und fast immer fußgängerfreundlichen Netz von Gassen. Sanierte Straßenviertel wachsen organisch, in kleineren Schritten als geplante TNDs und "Nahverkehrsorientierte Wohngebiete", manchmal ein Café nach dem anderen. Hier in San Diego verbindet das enorm erfolgreiche "Little Italy" höchst lebendige Mischnutzungsgebäude verschiedener Designer mit dem historischen Establishment und erneuerten Strukturen . . . Diese existierenden städtischen Straßen sind eine ungenutzte Quelle der Inspiration. Dagegen liegen weite Teile der Außenbezirke San Diegos verödet, obwohl dort die Überreste der Hauptstraßen liegen.

Mit Auto-'light'-Projekten werden wir wohl nur Erfolg haben wenn wir sie wirklich autofrei machen. Zumindest in Kalifornien.

"Pedestrians Lost In The New Suburbia"
Planetzine
7 December 2006

Venedig: Small Square
Venedig
©2005 J.Crawford

Auto-"light" in Amsterdam?

Die Arbeiterpartei in Amsterdam hat vorgeschlagen, den Verkehr in der Innenstadt weitgehend zu reduzieren um die Luftqualität zu verbessern. Ratsmitglied Myriam Bergervoet sagte: "Es ist nicht nötig, dass jedermann die Innenstadt mit dem Auto erreichen kann." Autos sollten hauptsächlich für Anwohner reserviert bleiben. Sauberere Lastwagen werden gebraucht. Die Eigentümer relativ sauberer Autos sollten bei Parkplätzen bevorzugt behandelt werden. Wer ein altes Dieselauto gegen ein neues tauscht sollte einen Steuernachlass erhalten. Man benötigt mehr Park-and-Ride Einrichtungen und ein engmaschiges ÖPNV-System.

In Amsterdam bedeutet ein engmaschiges ÖPNV-System Straßenbahnen anstelle von U-Bahnen, seit vielen Jahren ein Zankapfel in der Stadt. In dieser relativ kleinen Stadt mit mäßig dichter Bebauung machen Straßenbahnen Sinn.

"PvdA: auto's uit binnenstad"
Het Parool
19 December 2007

Venedig: Small Square
Venedig
©2005 J.Crawford

Vorstädte und Gesundheit

Untersuchungen haben ergeben, dass die Herzinfarktrate mit der Zeit, die Menschen in Staus verbringen, ansteigt, so Kim Connelly, ein australischer Kardiologe. Er selbst würde nicht in Vorstädten leben wollen.

Eine aktuelle Studie, "Neighbourhood Environments, and Resources for Healthy Living: a Focus on Diabetes in Toronto," streicht die Korrelation zwischen Diabetes und Wohnverhältnissen, bei denen nur wenig körperliche Aktivität möglich ist, heraus. "Ihre Wohnlage könnte Sie krank machen". Sie stellt fest, dass mittlerweile die Hälfte aller Kanadier übergewichtig ist, was ein Faktor bei der Entstehung von Diabetes und Koronarerkrankungen ist. Sie sagt weiter:

"Regelmäßiges Laufen, fünf Mal die Woche, bei frischem Tempo ist sehr gesund. In einer aktiven Wohngegend zu leben, wo man zu verschiedenen Veranstaltungen zu Fuß gehen kann, hat sich als Vorteil bei der Vermeidung von Zivilisationskrankheiten herausgestellt. In manchen Vorstädten gibt es keine Gehsteige, ganz zu schweigen von Lebensmittelläden oder Gemeindehäusern oder Schulen in Gehreichweite. Oft gibt es auch nur begrenzten öffentlichen Nahverkehr.

Die Belege werden immer zahlreicher. Laut einer US-Studie wiesen Kinder, die ab dem Alter von 10 Jahren in der Umgebung von 500 Metern einer Schnellstraße aufwuchsen, mit 18 bedeutende Defizite in der Lungenfunktion auf. Nach dem Sierra-Club, einer bedeutenden medizinischen Einrichtung, gibt es immer mehr Belege für die Verbindung von Asthma, Lungenkrebs und vorzeitigen Todesfällen mit der Luftverschmutzung.

Manche junge Kanadier, besonders solche, die noch nie ein Auto besaßen, gehen überall hin zu Fuß oder benutzen das Rad. Sie möchten in kleinen, stadtartigen Dörfern leben, die Einkaufsmöglichkeiten haben. Sie wollen nahe am Arbeitsplatz leben ohne Auto fahren zu müssen.

Ein Thema gerät immer mehr in den Vordergrund: Nur Leute mit Geld können sich die Wohnung in einer Umgebung leisten, in der man zu Fuß gehen kann. Durch die begehrtere Wohnlage wurden schlechter Verdienende verdrängt. Eine einfache Lösung ist natürlich die Schaffung zusätzlicher fußgängerfreundlicher Wohngebiete mit guter Nahverkehrsanbindung.

"Are the suburbs a health hazard?
Some say a bigger home on a wide lot can take a physical toll"
Globe and Mail
4 January 200
Venedig: Small Square
Venedig
©2005 J.Crawford

Niederlande: Steuern auf CO2 Emissionen

Es gibt keinen Fortschritt bei der Reduzierung der holländischen CO2-Emissionen. Die Holländer, einer der Großen im europäischen Speditionssektor, müssen die Führung übernehmen, so eine Empfehlung des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums. Gewerbe und Privatpersonen gleichermaßen müssen ausreichend stark belastet werden, damit sie sich nach Alternativen umsehen. Die Belastung müsste auf alle Verkehrsarten gleichermaßen verteilt werden.

Idealerweise müsste ein weltumspannendes System eingerichtet werden. Ein europaweites System erscheint eher realisierbar. Selbst dies würde Jahrzehnte dauern umzusetzen, denn die Abgabe würde sich nach gefahrenen Kilometern richten, wobei die Abgabe nochmals dem CO2-Ausstoß angeglichen werden müsste. Der Flugverkehr würde entsprechend der CO2-Emissionen des Flugzeugs mit Landegebühren belastet werden. Dies müsste auf allen Flughäfen europaweit gelten. In ähnlicher Weise würde Schweröl für Schiffe besteuert werden.

Die Vorteile dieser Besteuerung liegen darin, dass der Kunde nach besseren Fortbewegungsarten suchen wird, mit denen er weniger Schadstoffe emittiert, und die daher billliger wären.

"Advies: Belast CO2-uitstoot vervoer"
NOS
28 January 2008
and
"CO2-uitstoot vervoer snel belasten"
NRC Handelsblad
28 January 2008

Venedig: Small Square
Venedig
©2005 J.Crawford

London will dreckige Laster belasten

Die schlimmsten Dreckschleudern unter den Lastwagen werden mit einer Gebühr von £200 am Tag belastet wenn sie die Londoner "Low Emission Zone" (LEZ) befahren. Kameras zeichnen alle Lastwagen auf, die in diese Zone hineinfahren um sicherzustellen, dass sie die EU-Normen erfüllen. Wer sie nicht erfüllt, zahlt. Die Regelung wird auch bald auf Busse angewendet werden. Anders als die mautpflichtige Zone, die nicht an Wochenenden und am Feierabend gilt, gilt die LEZ rund um die Uhr. Sie umfasst ein weit größeres Gebiet als die Mautzone.

Es wird damit gerechnet, dass etwa 10 Prozent der Laster den Standards nicht genügen. Trotz jüngerer Fortschritte ist die Luft in London landesweit die schlechteste und gehört mit zu der schlechtesten in Europa. "Transport for London", die die Zone einführt, sagt, dass die Maßnahme das Leben für Asthma- und Herzkranke verbessert. Und auch für uns anderen.

"UK's first emissions zone begins"
BBC
4 February 2008

Venedig: Kleiner Platz
Venedig
©2005 J.Crawford

Verkehr in Großbritannien wird anders wahrgenommen

Unser England-Korrespondent Dave Morris bemerkte Veränderungen in Großbritannien. Der London Evening Standard, vormals heftiger Gegner jedes Versuchs den Verkehr zu zähmen, setzt sich nun für Regelungen zu Gunsten des Radverkehrs ein, für bessere Schulung von Autofahrern und so weiter.

Bürgermeister Livingstone hat die Londoner Bezirke ermächtigt, eine Höchstgeschwindigkeit von 20 Meilen/h (etwa 30 km/h) festzusetzen. Aktuell liegt die Geschwindigkeit bei 30 mph (ca. 50 km/h).

Die "Automobile Association" betreibt die übliche Desinformationskampagne:

1. Man ignoriert die Tatsache, dass das Tempolimit auf Entlastungsstraßen nicht vorgesehen ist.
2. Man übersieht die Tatsache, dass höhere Geschwindigkeiten keine höhere Straßenkapazität bedeuten, da Abstände und Bremswege länger sein müssen.

Nichts Überraschendes.

Leitartikel

Neue Fußgängerbewegung

Eine praktische Lösung

Von Michael E. Arth

Alle Bemühungen autofreie Städte zu schaffen liefen bislang ins Leere, trotz des Zaubers, der Schönheit, der Gesundheit, der Sicherheit und Lebensqualität, die in solchen Enklaven verbessert würden. Es gibt jedoch eine praktische Lösung für diese Sackgasse. "New Pedestrianism" (NP), eine deutlich verbesserte Form des "New Urbanism" (NU), zeigt einen Weg hin zur Entstehung von fußgängerfreundlichen Dörfern - bei Wahrung des Zugangs zum Auto und zu Notfalldiensten. Schlüssel ist die Schaffung vollständig getrennter Netzwerke, so dass die Vitalität und Gelassenheit eines Netzwerks von Fußwegen nicht durch den Anblick, den Lärm, den Gestank, die Gefährdung und die ästhetische Entwertung durch Motorfahrzeuge eingeschränkt wird. Es könnte Nischenanwendungen geben, wo das Ziel der Autofreiheit, oder weitestgehender Autofreiheit realisiert werden könnte und der Zugang für Autos gleichwohl sichergestellt wäre. Es gibt drei Arten von Fußgänger-Dörfern:

  1. Autofreie Städte und Wohnviertel (für Nischenanwendungen).*
  2. Unterirdisch geparkte Autos (in Gegenden mit höherer Bebauungsdichte).
  3. Autos unsichtbar in einem separaten Straßennetz.

*Arths Plan eines autofreien Dorfs bei Two Harbors, Catalina Island, Kalifornien, wurde auf Seite 261 in Carfree Cities.vorgestellt.

Typ 3, mit Fußgängerstraßen auf der Vorderseite und Autostraßen auf der Rückseite von Gebäuden, ist am vielversprechendsten für neue Städte und Wohngebiete:

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Links: New Urbanism, Rechts: New Pedestrianism.
© 1999 Michael E. Arth

Während es im "New Urbanism" Autos auf beiden Seiten von Gebäuden gibt, verlegt der "New Pedestrianism" die Autostraße an die Rückseite attraktiver Gebäude. Radfahrer und Fußgänger befinden sich auf einem Netzwerk an der bevorzugten Vorderseite. Bäume gibt es vorne wie hinten, wodurch städtisches Grün entsteht. Die Fußwege verbinden Hinterhöfe, Plätze, Ufergebiete, Grüngürtel und Parks mit jedem Wohn- oder Geschäftshaus. An Kreuzungen haben Fußgänger immer Vorrecht, allerdings führen Fußwege auch über oder unter Zubringer- oder Entlastungsstraßen hindurch. Alle Anziehungspunkte, wie Seeufer, Parks oder Grünflächen) sind von Fußwegen eingerahmt, so dass sie nicht durch die Anwesenheit von Autos entwertet werden.

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Vorne Fußwege, hinten Autostraße
© 1999 Michael E. Arth

Beachten Sie, dass die Straße hinter dem Gebäude nach wie vor attraktive Abstellplätze, Alleebäume, und eine Gartenmauer mit Tor für Personen, die mit dem Auto ankommen, besitzt. Die Wohnstraße wird verengt wenn sie einen Fußweg kreuzt. Fußgänger und Radfahrer haben Vorfahrt. Die Fußgängerstraße ist gemustert. Die Fußgängerseite hat eine Ornamentstruktur (gefärbt oder gepflastert) und die Fahrrad/Segway/Skaterseite ist glatt.

Über den "New Pedestrianism" hinaus sollte der technische Fortschritt in Bälde die weltweite Abhängigkeit vom Auto drastisch reduzieren. Dies wird im kommenden Jahrzehnt automatisch fahrende Roboterautos einschließen und vollständige virtuelle Realität. Die weltweit 800 Mio. Autos könnten auf etwa ein Zehntel fahrerlose Taxis und Shuttles reduziert werden. Letztlich stehen Autos 90 Prozent ihrer Lebensdauer nur herum und belegen Platz. Sie tragen damit zu dem automobilen Slum bei, in dem wir alle leben müssen. Motorfahrzeuge bringen jährlich 42.000 Menschen in den USA um und verletzen oder verstümmeln weitere 3 Millionen. Dies entspricht einem 11. September 2001 - alle vier Wochen. Nachdem die Ursache fast aller Unfälle beim Fahrer liegt können wir dieses Blutvergießen nahezu vollständig mit fahrerlosen Fahrzeugen beenden. Wenn wir fahren wollen kommt ein passendes Fahrzeug zu uns. Für einen Bruchteil der Kosten und ohne die Umstände ein eigenes Auto besitzen zu müssen können wir unsere Transportbedürfnisse leicht befriedigen.

Dank der immer wichtiger werdenden virtuellen Realität wird der Verkehr über die Grenzen unseres Fußgängerdorfes hinaus immer weniger notwendig werden. Daher werden wir die Menge der Fahrzeuge weiter reduzieren können - vielleicht um weitere 90 Prozent oder mehr - wenn wir eine rundum virtuelle Realität weiter entwickeln. Der meiste Verkehr kann entfallen wenn wir von zu Hause aus in einer Cyper-Welt arbeiten und spielen, die effektiver ist und mehr Spaß macht als die wirkliche Welt. Auto- und Motorradfreaks werden sich in Zukunft auf einer Cyper-Route 66 austoben können. Setzt sich diese Trend fort, so haben wir bald attraktive, dorfähnliche Städte, in denen wir gerne laufen, radfahren und uns mit den Menschen - ebenso wie der Natur - in einer Weise austauschen, die sowohl die körperliche Gesundheit wie auch das Interesse an der realen Welt erhält.

In einem dritten Entwicklungsschritt, der noch drei Jahrzehnte weg sein dürfte, wird das aktuelle Produktions- und Transportsystem (das Lastwagen und Geschäfte erfordert) durch ein molekulares Produktionssystem, allgemein bekannt als Nanotechnologie, ersetzt werden. Tischgeräte werden eines Tages nahezu alles herstellen - von gesunden Gourmet-Mahlzeiten bis zum Supercomputer, nahezu alles. Dadurch würde jedes weggeworfene Objekt zu einem neuen anderen Objekt recycelt werden können. In dieser Welt werden rücksichtslose Autofahrer der Vergangenheit angehören und unsere derzeitige verschandelte Stadtlandschaft wird mit der Zeit immer nur noch schöner werden.

Mehr über den 'New Pedestrianism'

Second Life
Mein Avatar in Second Life, Freddie Olmstead, begrüßt freudig eine autofreie Welt mit einer verlassenen, überwachsenen Straße. Nun freut er sich auf eine wahrhaftigere, alles umfassende Virtuelle Realität.
Screen shot © SecondLife.com

Michael E. Arth ist Haus-, Landschafts- und Stadtdesigner, und ebenso Künstler, Bauunternehmer, Autor, Filmer und Futurist. Arth gründete 1999 den eher idealistischen Zweig des "New Urbanism", genannt "New Pedestrianism". Unter seinen Büchern finden sich Introspective 1972-1982 und drei Werke, an denen er noch arbeitet: The Labors of Hercules: Modern Solutions to 12 Herculean Problems, The Past, and The Future. Seine Dokumentarfilme über den "New Pedestrianism", und wie er einen Slum in Florida neu aufbaute, New Urban Cowboy: Toward a New Pedestrianism, werden demnächst auf DVD erhältlich sein. Zwei weitere Dokumentationen sind für 2008 geplant:The Labors of Hercules and UNICE, die sich mit der Zukunft befasst. (Eine überarbeitete Version von New Urban Cowboy wird auf Basis einer überarbeiteten Version, die jetzt in Arbeit ist, veröffentlicht werden.)

Leitartikel

Hamburg: Falkenried
Falkenried, Hamburg
© Markus Heller

Autofreie Umgestaltung

Einige bittere Einsichten

Von Markus Heller

Autofreie Bereiche können am einfachsten in neu erschlossenen Gebieten eingerichtet werden. So weit mir bekannt gibt es kaum Beispiele für die Umwandlung existierender Wohngebiete in autofreie Viertel. (Dies ist nicht das Selbe wie die Einrichtung von Fußgängerzonen, die fast immer nur Einkaufsmeilen sind.) Es gibt lediglich zwei Wohngebiete, die man autofrei zu machen versucht hat, und diese sind entweder gescheitert oder stimmen nicht überein mit dem Ansatz des Autofreien Pilot Projekts. (Weitere Beispiele würden uns interessieren.)

Zwei Hauptprobleme bei der Umwandlung existierender Wohngebiete in autofreie Gebiete sind:

  • Einerseits werden bei ihnen weit weniger Investitionen benötigt als bei Neubaugebieten.
  • Andererseits brauchen wir autofreie Gebeite so bald wie möglich, wo immer, wie immer, und so groß wie möglich. Wir benötigen geglückte, optimale Beispiele. Dies geht am schnellsten beim Neubau.

Diese Einsicht ist unerfreulich, basiert aber auf Erfahrungen.

Im ersten Fall, ein Versuch in Halle (Johannesplatz), ging es völlig schief. (Dies wurde bei TCFC IV vorgestellt.) Letzten Endes wurden nur 40 Meter Straße in eine Fußgängerzone umgewandelt. Trotz einer umfassenden Bürgerbeteiligung stoppte am Ende eine Gruppe dort wohnhafter Senioren die Umwandlung.

Im zweiten Falle wurde die Falkenried-Wohnanlage in Hamburg (siehe Bild oben) in Betracht gezogen. Allerdings war dies Wohngebiet schon immer autofrei gewesen, und von daher handelte es sich um keine Umgestaltung. Interessanterweise gab es laut einigen Anwohnern, die zu Zeit einer Sanierung in den 1990er Jahren schon dort lebten, keinerlei Diskussion über Autos. (Möglicherweise deswegen weil die Straßen für einen vernünftigen Betrieb von Autos einfach zu eng waren.)

Die Frage bleibt also: warum gibt es nicht mehr Beispielanlagen?

Der Grund ist recht einfach. Viele Anwohner haben sich im Leben damit eingerichtet, nur zu fahren "was unvermeidlich ist". (Der Weg zur Arbeit steht auf dieser Liste oben.) Es ist unbedeutend, wenn viele Anwohner kein Auto haben oder es nur wenig nutzen; die Bedürfnisse derjenigen, die eins haben und darauf bestehen, dass sie es unbedingt benötigen, dominieren die Diskussion. Noch nicht einmal alle Haushalte ohne Auto wollen unbedingt eine autofreie Umgebung; mancher fürchtet, dass Freunde und Familie nicht mehr zu Besuch kommen könnten.

Kürzlich wurde ein Versuch gestartet, einen Bereich in Berlin autofrei zu machen. Dies betraf eine Straße am Prenzlauer Berg (im früheren Ostberlin), wo viele Grüne leben. Während der DDR-Zeit befand sich dort ein Zentrum heldenhaften Widerstands gegen die SED-Regierung. Der Bezirk wollte die Straße sanieren und dies führte zu einer lebhaften Diskussion darüber, wie sie nach der Sanierung aussehen sollte.

Der Vorgang begann mit der Untersuchung, wie viele der Anwohner autofrei lebten. Sollten diese die Mehrheit stellen so sollte die Straße gemäß ihrem Anteil autofrei werden (bei 70 Prozent autofreier Familien also sollte 70 Prozent der Straße autofrei bleiben.) Es wurde eine Umfrage unter den Anwohnern durchgeführt. Hier die ziemlich überraschenden Ergebnisse:

  • 337 Haushalte mit insgesamt 815 Personen nahmen an der Umfrage teil
  • In der Straße gibt es 226 Autos und 36 Motorräder. (Einige Haushalte haben mehr als ein Auto.)
Die Umfrageergebnisse betreffend "Parkplätze für Autos" und Verkehr:
  • Es gibt nicht ausreichend Parkplätze: 20.3%
  • Parkplätze reichen in etwa aus: 58.2%
  • Es gibt zu viele Parkplätze: 17.4%
  • Zu viele Autos fahren zu schnell durch die Straße: 42.4%
  • Zu viele Autos fahren durch die Straße: 30.3%

Betreffs Änderungen in der Straße:

  • Mehr Parkplätze gewünscht: 10.9%
  • Keine Parkplätze entfernen: 62.9%
  • So viele Parkplätze entfernen wie möglich: 26.2%
  • Autofreie Straße gewünscht: 15.3%

Das einzig ermutigende Resultat war, dass 23.8% an einem Mobilitäts-Dienst Interesse zeigten, der Radverleih, Carsharing usw. unter ein Dach bringt.

Dies war ein vielversprechendes Wohngebiet, eines, das umweltbewusst und offen für neue Ideen ist. Solch schlechte Ergebnisse sind sehr entmutigend. Es hat kaum den Anschein als ob es in Berlin ein Wohngebiet mit höherer Akzeptanz für eine autofreie Umgesaltung gäbe als dieses.

Markus Heller ist freischaffender Architekt in Berlin. In den vergangenen Jahren arbeitete er als Leiter des Projekts "Autofreies Wohnen an der Panke" in Berlin-Mitte. Von 1995 bis 2001 war er unabhängiger Berater der Grünen im Stadtrat Bezirk Mitte für Stadtentwicklung, Bau und Verkehr. Heller war drei Jahre Mitglied im Steering Committee des World Carfree Network und wurde letztes Jahr in den Beraterstab gewählt. Er leitet die WCN-Mitgliedsorganisationen Autofrei Wohnen und autofrei leben! e.V..

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